Für
Krebspatienten stellt eine Infektion mit dem Coronavirus ein besonderes Risiko
dar. Auf was sie besonders achten sollten, erläutert Professor Dr. Werner J.
Heinz, Chefarzt der Medizinischen Klinik 2 am Caritas-Krankenhaus Bad
Mergentheim, Facharzt für Innere Medizin,
Infektiologie, Hämatologie und Onkologie.
Zu den Risikofaktoren bei einer Coronavirus-Infektion
zählen das Alter, das Geschlecht, Rauchen, aber auch Vorerkrankungen wie
Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronische Lungenerkrankungen, zum Beispiel COPD,
Nieren- und Lebererkrankungen, Diabetes, ein geschwächtes Immunsystem und eben
auch eine Krebserkrankung. Das Coronavirus greift vor allem die Lunge und das
Immunsystem an. Viele Krebspatienten haben eine geschwächte Lunge – entweder
weil sie an Lungenkrebs leiden oder weil im Rahmen der Behandlung durch die
Chemotherapie die Lunge auch geschädigt werden kann. Darüber hinaus führt ein
großer Teil der zur Verfügung stehenden Tumortherapien zumindest zeitweise auch zu
einer Schwächung des Immunsystems. Dies ist aber in unterschiedlichem Ausmaß
und nicht für alle Therapien der Fall.
Eine Corona-Impfung wird bei Krebserkrankung ausdrücklich empfohlen. Die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO) weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es keine krebsspezifischen Gründe gibt, die gegen eine Corona-Impfung sprechen. Bislang gibt es auch keine Hinweise darauf, dass es zu verstärkten Nebenwirkungen bei Krebspatienten nach einer Impfung kommt. Jeder Patient sollte die individuelle Situation mit seinem Hämatologen oder Onkologen besprechen. Betonen möchte ich hier: Eine aktive Tumorerkrankung stellt ein besonderes Gesundheitsrisiko dar und muss auch während der Corona-Pandemie behandelt werden, daher sollten sich Patienten in der aktuellen Situation nicht für eine Verschiebung oder gar das Aussetzen einer Behandlung entscheiden.
Es gibt Therapien mit Antikörpern, die eine Impfung schwer umsetzbar machen – so mit den sogenannten CD20-Antikörpern bei Lymphomen. Das sind zum Beispiel Rituximab, Obinutuzumab, Ofatumumab. Diese Antikörper führen dazu, dass das Immunsystem an einer ganz bestimmten Stelle blockiert wird. Damit wird leider auch der Impfeffekt blockiert – häufig für einen Zeitraum von mindestens drei Monaten, meist jedoch deutlich länger. Patienten, die eine solche Therapie benötigen, können meist nicht so effektiv geimpft werden. Ein Versuch kann dennoch sinnvoll sein, gegebenenfalls ist eine wiederholte Auffrischimpfung sinnvoll. Andere Antikörper, zum Beispiel PDL1-Antikörper, haben hier keinen nachteiligen, eventuell sogar einen unterstützenden Effekt. Der betreuende Onkologe und Hämatologe kann hier zuverlässig beraten.
Mit entsprechendem Abstand
zur Infektion ist dies sicher zu empfehlen. Bereits nach einer einzelnen Impfung
hat man dann einen besseren Impfschutz als Personen, die überhaupt noch keine
Infektion oder Impfung hatten, weil hier schon der Booster-Effekt einsetzt. Eine
neueste Untersuchung konnte zeigen, dass Personen, welche nach einer Infektion
eine reguläre Zweifach-Impfung erhalten haben, einen deutlich besser
anhaltenden Impfschutz zeigen, als Personen mit der gleichen Impfung aber ohne
vorangegangene Infektion.
Auch für sie gelten die allgemein empfohlenen Vorsichtsmaßnahmen: den Mindestabstand von eineinhalb bis zwei Metern zu anderen Menschen einhalten, ausreichendes Lüften in Innenräumen, das Tragen einer Atemschutzmaske, das gründliche Reinigen der Hände, Niesen und Husten in die Armbeuge. Das alles sind wichtige Maßnahmen, die auch nach einer Impfung von Bedeutung sind. Zudem sollten sich auch enge Kontaktpersonen – zum Beispiel Familie, Personen die im selben Haushalt wohnen – impfen lassen.
Hier werden
eine Reihe von Impfungen auch abhängig von der erfolgten Tumortherapie empfohlen.
Dazu gibt es eine aktuelle Leitlinie für Hämatologen und Onkologen. Besonders hervorheben
möchte ich an dieser Stelle die Impfung gegen Pneumokokken und gegen Grippe.
Die Grippeschutzimpfung ist auch deshalb sinnvoll, weil sich die Symptome von
einer Corona-Infektion nicht gut unterscheiden lassen. In den letzten beiden
Jahren ist die Grippe (Influenza) durch die Schutzmaßnahmen gegen das
Coronavirus zwar weitgehend ausgefallen, aber sie wird nach Ende der Schutzmaßnahmen
wiederkommen und gehört klar zu den empfohlenen Impfungen bei einer Tumorerkrankung.