Tage, an denen die Temperatur die 30 Grad-Marke knackt,
werden wir immer öfter bekommen. Für viele Menschen eine zunehmende Belastung.
Gerade kranke und alte Personen müssen geschützt werden. Gesundheits- und Sozialeinrichtungen erstellen Hitzeschutzpläne, um gut vorbereitet zu sein.
Wie das geht, zeigt Petra Nuss, Koordinatorin für Qualitätsmanagement der
Barmherzigen Brüder Saffig.
Ein Thermometer steht in Petra Nuss‘ Büro. Ein prüfender
Blick: Die 25 Grad-Marke im Raum ist erreicht, die Luftfeuchtigkeit mit 50
Prozent noch in Ordnung. Lamellenvorhänge schützen nur von innen
gegen die Sonnenstrahlen. Eine Verschattung an den Außenwänden gibt es an dem
Altbau aus dem Jahr 1900 der Barmherzigen Brüder in Saffig nicht. „Klar ist“, sagt Petra Nuss, „das Thema
Hitze müssen wir kurzfristig, aber auch mit langfristigen Maßnahmen angehen.“
Dafür stellt die Beauftragte für Qualitätsmanagement gemeinsam mit Kolleg*innen in einem
Projekt für die BBT-Region Koblenz-Saffig,
zu der neben den Angeboten des Katholischen Klinikums Koblenz · Montabaur
auch die Barmherzigen Brüdern Saffig gehören, gerade die Weichen.
„Ich bin eine gute Vermittlerin. Menschen an einen Tisch
zu holen, verschiedene Ideen zu vernetzen und Lösungen zu finden, das ist mein
Ding“, erzählt Petra Nuss. Ob als Teamleitung in der Heilpädagogik oder dank jahrelanger
Arbeit in der Mitarbeitervertretung, unzähligen Projekten, an denen sie mitgewirkt
oder die sie geleitet hat – immer ging es darum, Themen voranzutreiben. Diese
Erfahrungen kommen ihr nun wieder zugute. Gerade beim Thema Hitzeschutz geht es
auch um viele technische Fragen, da ist sie froh, Kollegen mit dem notwendigen
Wissen an ihrer Seite zu haben: etwa für die Prüfung der Statik, wenn es um eine
mögliche Begrünung von Dachflächen oder Fassaden geht oder für die Kompatibilität
von Stromkreisläufen, wenn die Energie aus einem Blockheizkraftwerk stammt oder
zukünftig aus einer Photovoltaikanlage kommen könnte. Viele Maßnahmen müssten
nun geprüft, in Führungsgremien beratschlagt und kalkuliert werden, damit
notwendige Investitionen in die Wirtschaftspläne für die nächsten Jahre
einfließen könnten. Bei Neubauten würden die zunehmende Hitze, aber auch
Aspekte der Nachhaltigkeit weitestgehend beachtet, erzählt Petra Nuss. Eine
Herausforderung sei es, bestehende Gebäude entsprechend aufzurüsten. Die Kosten
seien immens, daher prüft sie auch verschiedene Förderprogramme, die es zum
Beispiel vom Landkreis oder auch vom Bundesumweltministerium (BMUV) gibt.
Aber auch kurzfristig gebe es einiges, das sich direkt
umsetzen ließe, erzählt Petra Nuss und greift nach einem Stapel ausgefüllter Checklisten
auf ihrem Schreibtisch. Diese sollen den Mitarbeiter*innen dabei helfen, an
alle ToDos zu denken: Werden die Medikamente für Bewohner den Außentemperaturen
entsprechend gelagert? Heizen Wasserkocher oder andere elektrische Geräte die
Räume auf und können für die heißen Tage abgeschaltet oder in einen anderen Raum
gestellt werden? Klemmt eine Außenjalousie? Gibt es Bereiche, die als
Cooling-Zones kurzfristig umfunktioniert werden könnten? In diese Listen
protokollieren alle Bereiche gerade auch die Innentemperaturen in den
verschiedenen Räumen. Das ist ein wichtiger Anhaltspunkt, um Maßnahmen zum
Schutz der anvertrauten Personen und der Mitarbeitenden gezielt anzugehen.
Hitzewellen bedrohen immer mehr unsere Gesundheit. Jährlich versterben tausende Menschen im Zusammenhang mit extremer Hitze – im Sommer 2022 waren es in Deutschland etwa 4.500. Auch die BBT-Gruppe nimmt Anpassungen an die sich ändernden natürlichen Bedingungen vor. Die wiederholt auftretende Hitze in den Sommermonaten hat erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheit unserer Patient*innen, Klient*innen, Bewohner*innen und Mitarbeitenden. Gleichzeitig ergeben sich auch ökonomische Risiken, z.B. können Medikamente durch hohe Temperaturen und falscher Lagerung unbrauchbar werden. Um diesen Anforderungen noch besser als bisher gerecht zu werden, werden die bestehenden Hitzeschutzpläne weiterentwickelt und in allen Einrichtungen der BBT-Gruppe (Krankenhäuser, Senioren- und Teilhabedienste, MVZ, Bildungsdienste etc.) etabliert.
„Wir haben auch Plakate verteilt, die noch einmal alle daran erinnern, was bei Hitze zu tun ist. Aber es geht eigentlich gar nicht so sehr darum, nur Wissen zu vermitteln“, erklärt Petra Nuss. „Vieles von dem ist uns allen bekannt: Viel trinken, kühlere Räume aufsuchen oder nur in den Morgen- und Abendstunden zu lüften. Nur: Wer macht das Fenster wieder zu? Auf Station oder in einer Wohngruppe geht das im stressigen Alltag schnell mal unter. Daher ist es mir so wichtig, dass die Teams Verantwortliche benennen und in ihren Besprechungen immer wieder das Thema durchgehen, gerade auch mit Blick auf Bewohner*innen, Klient*innen und Patient*innen, die auf Unterstützung angewiesen sind.“ Auch Schulungen sollen die Mitarbeiter*innen mit dem Hitzeschutzmaßnahmenplan vertraut machen. Das Projekt wird nach einem Jahr evaluiert und damit auch das Hitzeschutzkonzept. Außerdem soll eine AG Hitzeschutz etabliert werden, die zweimal im Jahr Bestandsaufnahme macht. Das Thema Hitzeschutz wird auch Bestandteil der regelmäßigen internen Audits.
Projektauftraggeber ist Regionalleiter Frank Mertes; Mitglieder des Kernteams sind Steffi Mentfewitz (Gesunde Organisation), Lea Günter (Qualitätsmanagement), Yannic Wagner und Günter Schumacher (beide Arbeitssicherheit).
Bewohner*innen und Patient*innen, die sich nicht äußern
oder auf sich selbst achten können, müssen immer wieder daran erinnert werden
oder brauchen jemanden, der ein kühles Getränk anreicht oder einen frischen
Melonensnack zubereitet. Das kostet Zeit, die in den Sommer- und Urlaubsmonaten
meist noch knapper als sonst bemessen ist. Auch dafür kam der
Qualitätsmanagerin gleich eine Idee: Sie möchte
Kolleg*innen in der Verwaltung ansprechen, ob sie sich vorstellen
könnten, im Falle von gemeldeten Hitzewarnungen mal für ein, zwei Stunden in
Wohngruppen oder auf Station zu unterstützen. „Das bringt auch unsere
verschiedenen Bereiche näher zusammen“, sagt sie – ganz die Vernetzerin.
Mit einigen einfachen Tipps kann sich jeder den Alltag an den heißen Tagen angenehmer gestalten: Verlegen Sie Ihre Aktivitäten und Sport in die Morgenstunden und nutzen Sie den Schatten in Parks und Gärten. Denken Sie auch an luftige Kleidung, eine Kopfbedeckung und Sonnenschutz. Beachten Sie bitte die Hitzewarnungen des Deutschen Wetterdienstes im Radio, in der Zeitung oder unter www.dwd.de
Gesund trinken
Gesund essen
Körper kühlen
Zimmer kühl halten
Gut schlafen
Medikamente
Kontaktieren Sie Ihren Ärzt/Ärztin bei folgenden Symptomen: Erschöpfung, Blässe/Röte, Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit, Kurzatmigkeit, Verwirrtheit, Unruhe, Appetitlosigkeit, Muskelschmerzen, Infektion, Verstopfung, erhöhte Temperatur und Fieber
Anpacken und umsetzen – das liegt Petra Nuss schon seit der
Jugend im Blut. Damals kandidierte sie für den Gemeinderat ihres Heimatortes
Plaidt, um Umweltthemen voranzutreiben. Die Rebellin sei sie nie gewesen,
erzählt sie, eher die pragmatische Macherin, die auslotet, was auf den Weg
gebracht werden kann und muss. Bereits 2018 hat sie die Auswirkungen des
Klimawandels auf die Menschen in den Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen als
Risiko erkannt und ins BBT-gruppenweite Risikomanagement eingebracht. Dass
nicht alles umsetzbar ist, was gut und wünschenswert wäre, weiß Petra Nuss. Das
Wichtigste nun sei, Prioritäten zu setzen: „Das sage ich auch immer allen, die
gute Ideen einbringen. Nicht, dass sie später enttäuscht sind, wenn es aus
finanziellen oder anderen Gründen doch nichts wird.“ Das sei nicht so tragisch,
„Hauptsache, wir fangen an!“, hört sie dann oft als Antwort.
TEXT & FOTOS: JUDITH HENS