07.11.2023 | St.-Marien-Hospital Marsberg
Geriatrie als medizinische Spezialdisziplin ist vor dem Hintergrund des demographischen Wandels der Gesellschaft ein essenzieller Bestandteil des medizinischen Versorgungsspektrums geworden. Vor 10 Jahren wurde im St.-Marien-Hospital Marsberg die geriatrische Station eröffnet.
Geriatrische
Patienten definieren sich dabei neben einem zumeist höheren Lebensalter
(überwiegend 70 Jahre oder älter) vorrangig über eine geriatrietypische
Multimorbidität: Das heißt, dass ein typischerweise im höheren Lebensalter
anzutreffendes Aufeinandertreffen mehrerer unterschiedlicher Erkrankungsbilder
zu beobachten ist.
Gemeinsam
mit der alterstypisch erhöhten Anfälligkeit für das Auftreten von
Komplikationen und Folgeerkrankungen sowie der Gefahr der Chronifizierung
entsteht ein erhöhtes Risiko für den Verlust von Autonomie, Alltagsmobilität
und Selbstversorgungskompetenz.
Vor 10
Jahren wurde im St.-Marien-Hospital Marsberg die geriatrische Station mit ihren
direkt benachbarten Therapie- und Behandlungsräumen eröffnet. Nach dem fast
einjährigen Umbau der früheren Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe entstand
gemäß den baulichen Vorgaben des Bundesverbandes Geriatrie eine moderne
geriatrische Versorgungseinheit, die den besonderen Bedürfnissen der betagten
Patienten mit ihren vielfachen Funktionseinschränkungen und Handicaps gerecht
werden sollte.
Unter der
Leitung von Chefarzt Dr. Norbert Bradtke, Facharzt für Innere Medizin und
Geriatrie, übernahm 2013 ein multiprofessionelles Team die Versorgung betagter
Patienten: Ärzte mit speziellen fachärztlichen geriatrischen Qualifikationen,
eine altersmedizinisch geschulte Fachpflege, speziell ausgebildete Therapeuten
aus den Bereichen Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Neuropsychologie,
außerdem der Sozialdienst und die Klinikseelsorge.
„Dieses
multiprofessionelle geriatrische Team bereitete in den vergangenen zehn Jahren
mit ärztlichen Visiten, aktivierender Pflege, zahlreichen Einzel- und
Gruppentherapien, psychologischer und seelsorglicher Betreuung sowie sozialdienstlicher
Begleitung für viele Patienten einen Weg zurück in ein möglichst eigenständiges
und selbst verantwortetes Leben“, so Chefarzt Dr. Norbert Bradtke: „Bei rasch
steigenden Patientenzahlen wurde bereits 2015 eine strukturierte Behandlungsüberleitung
im Sinne eines Case-Managements Geriatrie eingeführt, die es im Rahmen eines
fachärztlich-geriatrischen Konsildienstes zunehmend besser erlaubte, die
versorgungsbedürftigen geriatrischen Patienten einer ihren besonderen
Bedürfnissen gerecht werdenden medizinischen Versorgung zuzuführen“.
Alle
genannten Berufsgruppen bilden das „Geriatrische Team“, in dem jede einzelne
Berufsgruppe ihr Wissen und ihre Handlungskompetenz zu einem möglichst
optimalen Gelingen des Behandlungsverlaufs beiträgt. „Neben täglichen
Kurzbesprechungen zwischen ärztlichen, pflegerischen und therapeutischen
Teammitgliedern dienen ausführliche wöchentliche Teamsitzungen dazu, die
Bedürfnisse jedes einzelnen Patienten mit allen Teammitgliedern gemeinsam
abzustimmen“, betont Bradtke. Ziel sei immer, einen möglichst optimal
abgestimmten Behandlungsverlauf zu gewährleisten. „So kommt jeder Patient
seinem erreichbaren Behandlungsziel möglichst nahe“, erklärt Bradtke.
Bereits 2016
konnte im Rahmen der Alterstraumatologie eine gemeinsame kooperative
Versorgungsstruktur unter gemeinsamer Leitung von Dr. Ralf Beyer, Chefarzt der
Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, außerdem Leiter des Zentrums für
Chirurgie, und Dr. Norbert Bradtke in das sich ausweitende altersmedizinische
Versorgungskonzept integriert werden. Nachfolgend konnte bereits wiederholt
eine erfolgreiche Auszeichnung der Marsberger Geriatrie mit dem Qualitätssiegel
des Bundesverbandes Geriatrie und eine Zertifizierung der Alterstraumatologie
durch die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie erreicht werden.
Als eine
weitere besondere Versorgungsleistung bestehen bereits seit 2015 wöchentliche pharmakotherapeutische
Fallbesprechungen, die von Dr. Bradtke gemeinsam
mit klinischen Pharmazeuten des „paderlog“,
Zentrum für Krankenhauslogistik und Klinische Pharmazie, durchgeführt werden. Da eine
geriatrische Multimorbidität im Sinne von vielen gleichzeitig auftretenden
Erkrankungen betagter Patienten fast regelhaft eine Polypharmazie als
medikamentöse Therapie mit zahlreichen unterschiedlichen Medikamenten nach sich
zieht, bedarf es einer genauen Abwägung, welche Präparate der Patient wirklich
benötigt und welche Medikamente überhaupt miteinander verträglich sind.
Diesbezüglich
konnte in diesen Fallbesprechungen schon in vielen Fällen eine Optimierung der
medikamentösen Therapie auch und gerade unter Verzicht auf unnötige Medikamente
vorgenommen werden.
Vor dem
Hintergrund der zentralen Zielsetzung einer geriatrischen Versorgung als
Wiederherstellung einer möglichst umfassenden Alltagsmobilität und
Selbstversorgungskompetenz kommt den Bereichen der aktivierenden Pflege, Ergotherapie
und Physiotherapie eine besondere Bedeutung zu. Aufgrund der oftmals komplexen
Hilfsmittelbegleitung bei der physiotherapeutischen Gangschulung diente nicht
zuletzt ein Kooperationsprojekt zwischen dem St.-Marien-Hospital Marsberg und
der Fachhochschule Münster (Fachbereich Physikingenieurwesen) dazu, den
Sicherheitsstandard in der aktivierenden Übungstherapie weiter zu verbessern.
„Mit Blick auf zukünftige
Herausforderungen der altersmedizinischen Versorgung werden auch
palliativmedizinische Aspekte im Rahmen der palliativen Geriatrie einen
zunehmenden Stellenwert einnehmen“, ist sich Dr. Norbert Bradtke sicher. Er und
sein Team freuen sich über die oft große Dankbarkeit der Patienten: „Es kommt
gar nicht selten vor, dass Patienten bei ihrer Entlassung Briefe oder Blumen
überreichen oder im Nachhinein Spenden an unseren Krankenhausverein tätigen.
Kürzlich erreichte uns eine Einzelspende, die uns den Bau eines
Rollator-Parcours im Außenbereich des Krankenhauses ermöglichte. Damit hat der
Spender den vielen Patienten, die bei uns ihre Gangsicherheit am Rollator
trainieren, etwas ganz besonders Gutes getan.“
Offene Türen am 25. November
Bei einem Tag der „Tag der offenen
Tür“ präsentieren sich am 25. November 2023 alle Berufsgruppen der Geriatrie
für Interessierte, Patienten und Angehörige. Mit Vorträgen und
ernährungsmedizinischen und ergo- bzw. physiotherapeutischen Praxisangeboten
wird Besuchern ein Blick hinter die Kulissen gewährt. Der Tag der offenen Tür
findet statt von 10 bis 15 Uhr.