28.12.2023 | Krankenhaus Tauberbischofsheim
Im Herbst kamen an Medizin und Gesundheit Interessierte im Krankenhaus Tauberbischofsheim voll auf Ihre Kosten. Bei insgesamt fünf unterschiedlichen medizinischen Fachvorträgen konnten sich Besucherinnen und Besucher über Schmerzen, Sturzprophylaxe, Schwindel, Herzrhythmusstörungen und Gallenbeschwerden informieren. Die kostenlose Veranstaltungsreihe lockte über 400 Interessierte ins Tauberbischofsheimer Krankenhaus. „Ein großer Erfolg“ wie der stellv. Kaufmännischer Direktor Jeremia Berschauer findet. „Unsere Referenten und unsere Referentin haben interessante Themen aus den Abteilungen Chirurgie, Innere Medizin, Konservative Orthopädie und Geriatrie vorgestellt und die Gäste waren sehr zufrieden. Wir haben hier am Standort kompetente Medizinerinnen und Mediziner und können ein breites Versorgungsspektrum vorweisen. Auch im kommenden Jahr wollen wir eine solche Akademie anbieten“, sagt Jeremia Berschauer.
Fibromyalgie: Ein Medikament gibt Anlass auf Hoffnung
Den Anfang machte Dennis Sankat, Chefarzt der Abteilung für Konservative Orthopädie und Spezielle Schmerztherapie. Er gab einen Überblick über das Thema Fibromyalgie, ein chronisches, nicht-entzündliches Schmerzsyndrom des Bewegungssystems bei dem sich anhaltende Schmerzen wechselnder Intensität und Lokalisation zeigen. „Dieser so genannte Ganzkörperschmerz ist für Betroffene eine große Belastung. Es treten häufig eine Reihe von weiteren Beschwerden auf, wie etwa chronische Müdigkeit, Morgensteifigkeit, Schlafstörungen, Depressionen, Verdauungsprobleme und vieles mehr“, erklärte Dennis Sankat. In Deutschland seien etwa 1,6 bis 2,4 Millionen Menschen betroffen – davon rund 80 Prozent Frauen. Eine eindeutige Diagnosestellung sei häufig schwierig, da mehr als 97 Prozent der Patientinnen und Patienten über zahlreiche körperliche und seelische Beschwerden klagten. Um einen möglichen chronischen Schmerz festzustellen, helfe eine vom Betroffenen ausgefüllte Schmerzskala und weiterführende Untersuchungen in alle Richtungen, um andere somatische (Mit-Ursachen) Grundprobleme auszuschließen oder behandeln zu können. Fribromyalgiepatienten stünden unter einem großen Leidensdruck, stößen mit ihrer Erkrankung jedoch häufig Unverständnis. Symptome würden häufig nicht ernst genommen und als eingebildet abgestempelt. „Das Fibromyalgiesyndrom kann mit depressiven Störungen assoziiert sein, es ist aber nicht als depressive Störung zu klassifizieren,“ erklärte der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Spezielle Schmerztherapie. Die körperliche Erkrankung müsse als solche erkannt werden und gemeinsam mit dem behandelnden Arzt therapiert werden. „Unsere gemeinsamen Ziele sind die Schmerzlinderung, die Reduktion der komorbiden Beschwerden, Steigerung der Lebensqualität sowie die Erhöhung der der Fähigkeit zur Alltagsbewältigung und der körperlichen Leistungsfähigkeit“, so Sankat. Der oder die Betroffene könne selbst vieles tun, um mit der chronischen Erkrankung besser zu leben. Allen voran Sport könne einen großen Teil zum besseren Wohlbefinden beitragen. Besser sei noch ein multimodaler Therapieansatz mit einer Kombination aus Sport, medikamentöser Schmerzlinderung und psychotherapeutischer Betreuung. Bei der medizinischen Therapie stehe eine Reihe von Schmerzmitteln zur Verfügung. Das Wundermedikament zur Behandlung des Ganzkörperschmerzes gebe es bis dato leider nicht, jedoch gebe seit Kurzem ein neues – in einem anderen Bereich bereits bekanntes – Medikament Hoffnung. „Man hat festgestellt, dass die Gabe von Low Dose Naltrexon (LDN), einem Opiodantagonist, eine positive Wirkung auf Schmerz, Müdigkeit, Abgeschlagenheit und das Immunsystem beim Fibromyalgiesyndrom hat“, sagte Dennis Sankat. Zum Schluss stellte er klar, dass nicht jeder Ganzkörperschmerz ein Fibromyalgiesyndrom sei und dass es bei Fibromylalgie keine pauschale Therapie gebe. Es sei vielmehr ein individueller Weg.
Stürze und Unfälle im Alter müssen nicht sein
Farssa Rastani, Chefarzt der Abteilung für Unfallchirurgie, widmete sich in seinem Vortrag der Versorgung von Stürzen im Alter, aber auch um deren Vorbeugung. „Ab einem Alter von 65 Jahren stürzen etwa 35 Prozent der Menschen einmal pro Jahr. Bei Menschen im Pflegeheim liegt diese Rate sogar bei 50 Prozent. Frauen stürzen häufiger als Männer“, erklärte Farssa Rastani. Er machte deutlich, dass etwa 60 bis 80 Prozent der Gestürzten in den nächsten 12 Monaten erneut stürzen und einer von 15 Stürzen mit einer Fraktur einhergehe. Eine Fraktur schränke die Mobilität zumindest zeitweise ein, was häufig Auslöser für einen körperlichen Abbau und sein könne. Die eigene Sturzgefahr könne man selbst aber gut erkennen, so Rastani. „Wenn die zum Beispiel Probleme beim Übersteigen einer Bordsteinkante haben, könnte das Indikation für eine zu schwache Beinmuskulatur sein. Gleichgewichtsprobleme führen häufig dazu, dass man kurz nach dem Aufstehen etwa Sofa, noch einmal kurz zurückfällt. Auch das ist als kleiner Sturz zu werten und häufig Gleichgewichtsprobleme zur Ursache. Auch Menschen, die sich Sorgen machen, dass sie stürzen könnten, haben ein erhöhtes Sturzrisiko“, sagte der Unfallchirurg. Rastani gab den Zuhörerinnen und Zuhörern viele nützliche Tipps mit auf den Weg. „Schützen Sie sich selbst, tragen Sie auch zuhause ordentliches Schuhwerk - keine Flip Flops oder riemenlose Schuhe. Achten Sie auf eine gute Beleuchtung insbesondere in Bereichen mit unterschiedlichen Höhen wie etwa an Treppenaufgängen. Gehhilfen sollten regelmäßig auf eine einwandfreie Funktion überprüft werden. Defekte Haltemöglichkeiten, rutschige Böden und Stolperfallen wie herumliegende Gegenstände, Kabelstränge oder Teppichkanten sollten vermieden werden“, sagte der Chefarzt. Ältere Menschen sollten zu dem regelmäßig ihre Sehstärke überprüfen lassen und Brillen in passender Stärke besitzen. Auch Erkrankungen wie Demenz oder Depression oder auch Diabetes mellitus oder Herzrhythmusstörungen erhöhten das Risiko zu stürzen. Bei einer vorhandenen Osteoporose steige zudem die Gefahr schwerwiegender Frakturen. Farssa Rastani verwies auf eine Seite im Internet, auf der man das eigene Risiko zu stürzen mittels des sogenannten FRAX-Rechners einordnen könne.
Wenn das Herz außer Takt gerät
Von unterschiedlichen Rhythmusstörungen des Herzens erfuhren die Besucherinnen und Besucher im Vortrag von Dr. Klaus Innig, Chefarzt der Inneren Medizin des Krankenhauses Tauberbischofsheim. Er klärte unter anderem über eher leichtere Rhythmusstörungen wie etwa das gutartige Herzjagen auf, das für den Betroffenen zwar beängstigten sei, bei dem häufig aber schon ein Glas kaltes Wasser und ein tiefes Einatmen Abhilfe schüfen. Er erklärte auch die Symptome des sogenannten Stolperherzens, das einen unregelmäßigen Puls mit sich führe und Behandlung gehöre, wenn im EKG eine Ursache für das Stolpern gefunden wird oder bereits eine Koronare Herzerkrankung besteht. „Bei diesen eher ungefährlichen Unregelmäßigkeiten sollte man sich eng mit dem behandelnden Facharzt abstimmen und Rhythmusmedikamente nicht leichtfertig einnehmen“, sagte der Chefarzt. Danach unterschied er zwischen Vorhofflimmern und dem akut lebensbedrohlichem Kammerflimmern des Herzens. „Das Flimmern im Herzvorhof ist die größte Herausforderung im klinischen Alltag und ist gleichzeitig die häufigste Rhythmusstörung“, so Innig. Beim Vorhofflimmern bilden sich Gerinnsel im und das berge ein erhebliches Schlaganfallrisiko. Etwa 30 bis 40 Prozent der Schlaganfallpatientinnen und -patienten seien auch Flimmerpatient*innen. Daher gehöre diese Rhythmusstörung auf jeden Fall in Behandlung – am besten in einem Herzkatheter. Hier arbeite man eng mit dem Caritas-Krankenhaus in Bad Mergentheim zusammen, das über Herzkatheterlabor verfügt. Betroffene sollten grundsätzlich – falls vorhanden – ihr Übergewicht reduzieren. „Generell sollte für eine gute Herzgesundheit bei Frauen der Bauchumfang nicht mehr als 80 – bei Männern nicht mehr als 94 Zentimeter betragen. Immer ein Notfall sei aber das Kammerflimmern. Bei Betroffenen müsse direkt mit Herz-Lungen-Wiederbelebungsmaßnahmen am Leben gehalten werden, bis der Notarzt eintrifft. Geschieht dies nicht, es der Patient innerhalb von sieben bis maximal 12 Minuten tot.
Hilfe bei Schwindel
Über
Hilfsmöglichkeiten bei Schwindel referierte Dr. Ana Maria Mateescu, Chefärztin
der Abteilung für Geriatrie im Krankenhaus Tauberbischofsheim. Schwindel ist
ein häufiges Problem. Etwa 30 Prozent der Menschen sind im Laufe ihres Lebens
betroffen. Mit dem Alter steigt das Risiko einen Schwindel zu erleiden. In der
Altersgruppe der über 80-Jährigen sind bis zu 39 Prozent betroffen – bei
Jüngeren sind es 17 Prozent. Es gebe viele unterschiedliche Formen des
Schwindels darunter Drehschwindel, Schwank- oder Benommenheitsschwindel, im Ohr
oder im Gehirn ausgeloster Schwindel sowie Schwindelm der nur über wenige
Minuten andauern kann oder der tagelang andauert. „In jedem Fall sollte man bei
Schwindel einen Arzt aufsuchen“, rät Dr. Ana Maria Mateescu. Dieser stelle dann
durch eine ausführliche Anamnese fest, um welche Form von Schwindel es sich
handele und gehe auf Ursachenforschung. „Was viele nicht vermuten, die mit
Abstand häufigste Indikation für Schwindel im Ohr liegt und wird durch eine
Ablösung von kleinen Kristallen Otolithenorganen im Innenohr hervorgerufen.
Dieses Grundproblem lässt sich vergleichsweise einfach therapieren – der
Schwindel verschwindet“, sagte Dr. Mateescu.
Sicherlich gebe
es aber noch andere - schwerwiegendere - Ursachen, die man abklären lassen
sollte. „Eine Notfallsituation kann vorliegen, wenn der Schwindel gepaart mit
begleitenden neurologischen Symptomenauftritt“, so die Fachärztin für Innere
Medizin.
Abschließend
stellte sie klar, dass eine gute Symptombeschreibung des oder der Betroffenen
in einigen Fällen schon die Diagnose verrate und verordnete Medikamente wie
Dimenhydrinat, Cinnarizin, Sulpirid nur kurzfristig verwendet werden sollten
und grundsätzlich regelmäßig ein Medikamentencheck durchgeführt werden sollte,
insbesondere wenn ein Schwindel vorliegt. Die Verordnung von Physiotherapie
könne bei Schwindel helfen und präventiv trainiere sportliche Betätigung das
Gleichgewichtsorgan.
Bei Gallensteinen sollte eine Operation erfolgen
Im letzten
Vortrag der diesjährigen Herbstakademie ging es um Behandlungsmöglichkeiten bei
Gallenbeschwerden. Rangel Shahanski, Oberarzt der Abteilung für Allgemein- und
Viszeralchirurgie erläuterte zunächst die Aufgabe des kleinen Organs und ihr Zusammenspiel
mit Leber und Bauchspeicheldrüse. Alle drei Organe werden für die Verdauung der
Nahrung und die Aufnahme von Nährstoffen benötigt. Die Leber produziert
Gallenflüssigkeit, die zur Fettverdauung benötigt, aber auch zum Abtransport
von Stoffwechselprodukten. Die Gallenflüssigkeit gelangt durch den Gallengang
in die Gallenblase, die die Galle speichert und eindickt. Gallensteine
entstehen durch das Ungleichgewicht in der Zusammensetzung der
Gallenflüssigkeit. Er erläuterte auch die Risikogruppen. Hier gebe es die
sogenannte 6xF-Regel „fat“ englisch für Übergewicht, „female“ (weiblich),
„fertile“ (Frauen die bereits ein Kind geboren haben), „forty“ (Menschen über
40), „fair“ (blond, hellhäutig), und „family“ (genetische Veranlagung).
„Menschen, auf die eine oder mehrere dieser Faktoren zutreffen, haben ein
erhöhtes Risiko Gallensteine auszubilden. Die typische Gallenkolik beginne mit
plötzlich einsetzenden krampfartigen heftigen Schmerzen im mittleren oder
rechten Oberbauch. „Frauen beschrieben die Schmerzen oft stärker als den
Geburtsschmerz“, erklärte Rangel Shananski. Schmerzen könnten in den Rücken
ausstrahlen und seien oft mit Übelkeit und Erbrechen verbunden.
Verschließe ein
Gallenstein den Hauptgallengang, könne die Gallenflüssigkeit nicht mehr in den
Dünndarm abfließen und staue sich an. Eine Gelbsucht entwickele sich mit der
typischen Gelbfärbung von Haut und Augapfel des Patienten oder der Patientin.
Im weiteren Verlauf könne sich der Gallengang entzünden, was mit starken
Schmerzen im Oberbauch und Fieber verbunden ist. Unbehandelt könne es zu
Vernarbungen und bleibenden Engstellen kommen. „Die Folge können Infektionen,
Entzündungen in seltenen Fällen auch der Durchbruch der Gallenblasenwand oder
die Entstehung von Tumoren sein – daher ist bei vorhandenen Gallensteinen immer
die Entfernung der Gallenblase das beste Mittel der Wahl“, erklärte der
Chirurg. Allein in Deutschland werden etwa 200.000 Gallenblasen im Jahr
entfernt. Dabei wurde die klassische offene Operation weitgehend abgelöst von
der minimal-invasiven Operation (Schlüssellochchirurgie). Der Oberarzt zeigte
zum Schluss ein Video einer solchen minimal-invasiven Gallenblasen-Entfernung,
die auch im Krankenhaus Tauberbischofsheim Standardverfahren ist. Nach einer
Gallenblasen-Entfernung übernimmt der Gallengang die Speicherfunktion der
Gallenblase.