12.10.2021 | Hohenloher Krankenhaus
Am 1. September und 12. Oktober informierte Jan Dieterich, Chefarzt der Abteilung Orthopädie und Endoprothetik am Hohenloher Krankenhaus in Öhringen, über Behandlungsmöglichkeiten bei Knieschmerzen und die Implantation von künstlichen Gelenken, sog. Endoprothesen. Der Blaue Saal im Öhringer Schloss war bei beiden Terminen bis auf den letzten Platz ausgebucht – es ist klar: Herr Dieterich spricht mit seinem Thema viele Schmerzgeplagte an.
Arthrose
Chefarzt Jan Dieterich begann seinen Vortrag mit der Frage:
„Was ist eigentlich Arthrose?“. Bei der Arthrose geht es um Abnutzung und
Verschleiß von Gelenken – dies ist nicht umkehrbar. Dieterich vergleicht diesen
Umstand anschaulich mit einem Reifen, der kein Profil mehr hat. Je nach
Patient*in schreitet der „Abrieb“ schneller oder langsamer voran. Wenn Knochen
auf Knochen reibt und kein Knorpel mehr vorhanden ist, sind die Schmerzen
besonders groß. Dieterich weist auch darauf hin, dass die Gründe, Arthrose zu
bekommen, sehr verschieden sind. Es gibt bis zu 200 Ursachen – von der erblichen
Anlage über Ernährung und Gewicht bis zum Lebensstil ist alles möglich. Teilweise
verläuft die Arthrose schubweise, und es gibt auch schmerzfreie Zeiten. Daher
begeben sich manche Menschen nicht oder erst spät in Behandlung. Die Abnutzung
geht aber weiter.
Wer mit Knieschmerzen, die schon über längere Zeit andauern
oder immer wiederkehren, ins Krankenhaus kommt, war in der Regel schon vorher
in ärztlicher Behandlung. Eine Überweisung von einer Fachärztin / einem Facharzt
(Unfallchirurgie, Chirurgie oder Orthopädie) ist dafür notwendig. Die
Untersuchung im Krankenhaus erfolgt dann im Dialog mit der Patientin / dem
Patienten. Um den Grad der Abnutzung und die richtige Therapie herauszufinden,
werden vorranging folgende Fragen geklärt: Wo und wann tut es weh? Es kann zum
Beispiel sein, dass ein Knie beim Bergabgehen schmerzt, beim Fahrradfahren aber
nicht. Zum Teil liegt auch bereits ein Ruheschmerz vor. Wichtig sind auch die
richtigen Röntgenbilder vom Knie. Diese sollten aktuell und im Stehen
aufgenommen sein. Die abschließende Frage, die nicht zu unterschätzen ist,
lautet immer: Passen Röntgenbefund und Beschwerden zusammen? Prinzipiell gilt:
Ein*e zweifelnder Patient*in sollte noch nicht operiert werden.
Behandlungsmöglichkeiten
Therapieformen gibt es viele und gemeinsam mit dem Arzt /
der Ärztin werden diese durchgesprochen. Eine Operation muss nicht immer sein.
Es gibt durchaus auch die Möglichkeit, mit Schmerzmitteln, Physiotherapie,
Orthesen und Injektionen eine Zeit lang über die Runden zu kommen. Bei starker
Abnutzung und Bewegungseinschränkung können diese Möglichkeiten aber unter
Umständen keine Dauerlösung sein. Schmerzmittel haben zum Beispiel nicht
unerhebliche Nebenwirkungen, manche Therapien werden nicht von den
Krankenkassen bezahlt.
Jan Dieterich verweist auf eine häufige Aussage seiner
Patient*innen: „Oje, ich will mich nicht operieren lassen!“ Diese Aussage nimmt
er ernst und bespricht daher in Ruhe alle Möglichkeiten. Zusammen mit der Patientin
/ dem Patienten findet er die passende Lösung für das individuelle Problem. Sollte
diese eine Operation sein, so kann man vielen Patient*innen die Angst durch
Information nehmen: „Moderne Operationstechniken sowie eine umfangreiche Patientenschule,
in die auch Angehörige eingebunden werden, führen dazu, dass die Patient*innen
eine schnelle Erholung und Mobilisierung nach der Operation erfahren. In der
Regel kann das Knie noch am Tag der Operation schon wieder voll belastet
werden.“
Oft gibt es auch die Möglichkeit, mit einer minimalinvasiven
Operation ein Teilgelenk zu implantieren und dabei die Größe des Eingriffs und
die damit verbundene Blutung zu reduzieren. Dieterich betont hierbei: „Halbe
Prothesen sind keine halben Sachen!“ Die sogenannten Schlittenprothesen kommen
zum Beispiel dann zum Einsatz, wenn keine Bänder geschädigt sind, die Arthrose
nur auf der Innenseite (oder in seltenen Fällen der Außenseite) auftritt und
das Knie noch recht gut beweglich ist. Bei zu starken Schäden und bei Rheuma
ist eine Implantation eines Teilgelenks nicht möglich.
Patient*innen bleiben in der Regel drei bis fünf Tage im
Krankenhaus. „In Öhringen verlassen uns die meisten Operierten nach spätestens
vier Tagen. Damit befinden wir uns deutlich unter der durchschnittlichen
Verweildauer von über neun Tagen.“ Auch wenn die Patient*innen nach Hause
gehen, weil es ihnen gut geht, müssen sie sich noch einige Wochen schonen. Bis
alles wieder „normal“ ist, vergehen einige Monate. Eine anschließende Reha ist
auf jeden Fall zu empfehlen, hier werden die Patient*innen u. a. darin
geschult, ihre Beweglichkeit richtig zu trainieren.
Jan Dieterich betont: „Nach 20 Jahren funktionieren noch ca.
80 % der Prothesen sehr gut.“ Auch der sehr geringe Abrieb sei in diesem
Zusammenhang zu vernachlässigen. Ebenso sieht er kein Problem darin, für jede
Patientin / jeden Patienten die richtige Kniegröße zu finden: „Wir haben alle
Standardgrößen vorrätig und können bei Bedarf sehr kleine oder sehr große
Gelenke bestellen.“
Untersuchungen und
Operationen in Corona-Zeiten
Die Hygienemaßnahmen bei Operationen sind schon von Hause
aus sehr hoch – sowohl während der Operation als auch davor und danach.
Schnelltests bei Besprechungen und ein PCR-Test zwei Tage vor der Operation,
ein weiterer Schnelltest am OP-Tag sowie strenge Besuchsregelungen und
Hygienevorschriften bilden einen sicheren Rahmen für Patient*innen, Angehörige
und Krankenhaus-Mitarbeitende.