28.02.2024 | Gemeinschaftskrankenhaus Bonn
Sie sind ein eingespieltes Team. Wohl über 20-mal haben Privatdozent Dr. Luciano Pizzuli (Chefarzt Kardiologie) und sein Kollege Dr. Jochen Kuhl (Kardiologische Praxis KJL, Bonn) ihr Patientenseminar im Rahmen der Herzwochen der Deutschen Herzstiftung veranstaltet. Diesmal im Fokus: der plötzliche Herztod. Wie immer, traf die Veranstaltung in der Cafeteria im Haus Petrus des Gemeinschaftskrankenhauses auf reges Interesse.
Die Zahl ist erschreckend: Rund 65.000 Menschen erleiden jährlich in
Deutschland einen plötzlichen Herztod, überwiegend Männer ab 60 Jahren. Junge
Männer, meist Sportler, können auch betroffen sein: bei einer angeborenen
Herzkrankheit oder einer Herzmuskelentzündung infolge einer nicht auskurierten
Infektion. Auch Drogenkonsum (Kokain) könne einen Herzstillstand auslösen,
warnte Dr. Kuhl.
Bei den über 35-Jährigen besteht bei mehr als 95 Prozent der Opfer eines
plötzlichen Herztods eine strukturelle Herzkrankheit, meistens Verkalkung und
Verengung der Herzkranzgefäße (koronare Herzkrankheit). Besonders gefährdet
sind Menschen, die schon einen Herzinfarkt oder einen plötzlichen
Herz-Kreislauf-Stillstand überlebt haben.
Was passiert beim plötzlichen Herztod? Unmittelbarer Auslöser sind
bösartige Herzrhythmusstörungen der linken und rechten Herzkammer, wie das
Kammerflimmern. Dann bricht innerhalb weniger Sekunden der Kreislauf zusammen.
Das Herz schlägt nicht mehr, das Gehirn wird nicht mehr mit Blut versorgt, und
es kommt innerhalb weniger Minuten zum Tod. Hier appellierten die Kardiologen
an ihre Zuhörerschaft: „Leiten Sie in einem solchen Fall umgehend
Wiederbelebungsmaßnahmen ein, indem sie den Patienten auf den Boden legen und eine
Herzdruckmassage ausführen, indem sie mit beiden Händen kräftig auf den
Brustkorb drücken. Wählen Sie den Notruf 112 und setzen Sie, wenn vorhanden, einen
Defibrillator ein. Sie können nichts falsch machen. Falsch ist nur, nicht zu
helfen.“
Wie lässt sich der plötzliche Herztod vermeiden? Dr. Kuhl wies darauf
hin, dass 80 bis 90 Prozent der Fälle koronarer Herzkrankheit auf den
ungesunden Lebensstil zurückzuführen sind und dass dabei „auch die Seele eine
Rolle spielt“. Er empfahl fünf Mal pro Woche 30 Minuten Ausdaueraktivität
(flottes Gehen, Laufen, Radfahren) und eine gesunde ballaststoffreiche
Ernährung ohne zu viel Salz. Warnsignale wie Beschwerden in Ruhe, Ohnmachten und
Krampfanfälle sollten ernstgenommen und vom Kardiologen abgeklärt werden. In
der Behandlung kommen neben den Betablockern auch neue Medikamente zum Zuge: So
werden seit wenigen Jahren Gliflozine, mit denen ursprünglich Diabetes mellitus
behandelt wurde, erfolgreich bei Patienten mit Herzinsuffizienz eingesetzt.
Dr. Pizzulli wies darauf hin, dass bei einem Herzinfarkt sofort eine
Katheterbehandlung erfolgen muss, damit das verschlossene Gefäß aufgedehnt
wird. Nach dem Herzinfarkt müssten bei der modernen Therapie manchmal viele
Medikamente eingenommen werden, dies verschaffe aber „die beste Prognose“. Bei
Patienten mit bösartigen Herzrhythmusstörungen können implantierte
Defibrillatoren (ICDs) durch elektrische Impulse den Rhythmus normalisieren.
ICDs haben sich bei vielen Patienten als eine zuverlässige und wirksame
Strategie zur Verhinderung plötzlicher Herzstillstände erwiesen. Je nach Bedarf
wird ein Einkammer-ICD (mit einer Elektrode in der rechten Herzkammer), ein Zweikammer-ICD
(mit je einer Elektrode in der rechten und linken Herzkammer) oder, bei
schwerer Herzschwäche, ein Dreikammer-ICD eingesetzt, der zusätzlich noch die
Möglichkeit bietet, beide Herzkammern wieder synchron miteinander schlagen zu
lassen. Für Patienten mit einem vorübergehenden Risiko für lebensbedrohliche
Rhythmusstörungen gibt es eine Defibrillator-Weste.