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Veranstaltung Luftverschmutzung und Gesundheit

Der Silent Killer Feinstaub

In der Fortbildungsveranstaltung „Luftverschmutzung und Gesundheit – wie hängt das zusammen?“, zu der auch die interessierte Öffentlichkeit eingeladen war, gab Privatdozentin Dr. Nuschin Morakkabati-Spitz, Oberärztin in der Abteilung für Radiologie des Gemeinschaftskrankenhauses Bonn, einen Überblick über gesundheitliche Aspekte der Luftverschmutzung, wie sie in unseren Städten z.B. durch den Verkehr und durch Holzfeuerung verursacht wird. Der Diabetologe Dr. Markus Menzen, Chefarzt der Inneren Abteilung, referierte über den Einfluss von Umweltfaktoren im Hinblick auf die Entstehung einer Typ 2-Diabetes-Erkrankung.

Als Ella sieben Jahre alt ist, erkrankt sie schwer an Asthma, mit neun Jahren stirbt sie an einem akuten Anfall, nachdem sie zuvor 30-mal notfallmäßig ins Krankenhaus musste. Auf Ihrer Original-Todesurkunde steht akutes Lungenversagen als Todesursache. Ellas Mutter kämpfte jahrelang für Gerechtigkeit. Das Londoner Gericht stellte schließlich 2020, sieben 7 Jahre nach Ellas Tod, fest: Die Krankheit sei auch durch die starke Luftverschmutzung in ihrem Wohnviertel ausgelöst worden. Es war das erste Mal, dass Luftschadstoffe offiziell als Todesursache festgehalten wurden.


„Der Fall Ella und viele Studien zeigen, dass das Risiko, durch Luftverschmutzung zu erkranken, für Kinder besonders ausgeprägt ist, da sie noch in der Entwicklung sind. Auch schon im Mutterleib können sie erheblich geschädigt werden“, sagte Privatdozentin Dr. Nuschin Morakkabati-Spitz, Oberärztin Radiologie am Gemeinschaftskrankenhaus Bonn, in ihrem öffentlichen Vortrag zum Einfluss von Feinstaub auf unsere Gesundheit. Neben Kolleg:innen aus dem medizinischen und pflegerischen Bereich hatten auch viele Bonnerinnen und Bonner die Einladung zu der Vortragsveranstaltung in der Cafeteria im Haus Petrus des Gemeinschaftskrankenhauses angenommen.

Mit ihrem Vortrag stellte sich Frau Dr. Morakkabati-Spitz in den Dienst einer Initiative der Weltgesundheitsorganisation WHO zur Schulung der Beschäftigten im Gesundheitswesen zum Thema Luftverschmutzung und Schädigung der Gesundheit (Air pollution and health: an introduction for health workers), da Luftverschmutzung der größte umweltbedingte Risikofaktor für die Entstehung von Zivilisationskrankheiten wie Herz-Kreislauferkrankungen, Atemwegserkrankungen und Krebs weltweit sei. Gerade die Feinstaubbelastung sei ein „Silent Killer“, da sie unsichtbar ist und auch von unserer Nase nicht immer erkannt wird. Besonders gefährlich sind die ultrafeinen Feinstaub-Partikel, die bis in das Lungengewebe und sogar in den Blutkreislauf eindringen können. Sie entstehen bei Verbrennungsprozessen, z.B. im Verkehr und bei Holzfeuerung. Zwar seien durch verbesserte Abgasreinigung mit hochwirksamen Filtern die PKWs über die Jahre sauberer geworden und die amtlich an Straßen gemessenen Feinstaubwerte gesunken, allerdings zeige die Empfehlung der WHO, dass die aktuellen Grenzwerte veraltet sind und zum Schutz der Gesundheit der Menschen weiter abgesenkt werden müssen. 

Weniger bekannt sei die Belastung durch Feinstaubemissionen aus den Kaminofenheizungen in Wohngebieten, die nicht über eine Abgasreinigung verfügen, hier werde zudem die Luftverschmutzung in der Regel nicht amtlich gemessen. Zur Problematik der Holzfeuerung in Wohngebieten informiere die Webseite „Doctors and scientists against wood smoke“ (www.dsawsp.org) sehr ausführlich. Der Anteil der Holzfeuerung an den PM 2.5 Feinstaubemissionen betrage laut Umweltbundesamt 20 Prozent und sei damit genauso hoch wie beim Straßenverkehr. Schon ein einziger Kaminofen verursache eine hohe Feinstaub- sowie Rußbelastung. Somit habe manches Wohngebiet durch Holzofenbetrieb Ultra-Feinstaub-Werte wie an der Startbahn West des Frankfurter Flughafens, wie Messungen des Aeorosol-Experten Professor Dr. Achim Dittler vom Karlsruher Institut für Technologie gezeigt haben. Außerdem produziere die Holzverbrennung auch CO2- und andere klimarelevante Emissionen wie Methan, Ruß und Lachgas. Holzverbrennung sei daher laut Bundesumweltministerium entgegen der weit verbreiteten Meinung nicht klimaneutral.

Da die Verbrennung von Holz in Kaminöfen nie vollständig ablaufe und neben Feinstaub auch weitere gesundheitsgefährdende Luftschadstoffe wie polyzyklisch aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) entstehen, rate das Umweltbundesamt aus Klimaschutz-, Luftreinhalte- und ökologischen Gründen von der Nutzung von Holz zur Wärmeversorgung des Hauses ab.

Auch Luftverschmutzung in Innenräumen kann krank machen. Frau Dr. Morakkabati-Spitz bezog sich im Vortrag auf die Sister Studie, die 2017 zu dem Ergebnis kam, dass die Verwendung eines Holzofens bzw. einer Feuerstelle in der Wohnung mindestens einmal pro Woche mit einem um zehn bis 15 Prozent erhöhten Brustkrebsrisiko verbunden ist. Das Fazit der Studie laute daher: Die Luftverschmutzung in Innenräumen durch holzbefeuerte Öfen oder Feuerstellen sei ein weit verbreiteter und somit potenziell veränderbarer Brustkrebs-Risikofaktor. Eine neue Sister Study von 2023 bringe die Nutzung von Holzöfen und Feuerstellen mit einem erhöhten Lungenkrebsrisiko bei Frauen in Verbindung.

Weitere aktuelle Studien zeigten, dass Menschen, die am Wohnort Luftverschmutzung ausgesetzt sind, ein erhöhtes Risiko zur Entwicklung von Nichtraucher-Lungenkrebs, Brustkrebs, Alzheimer-Demenz und Allergien sowie Asthma haben. Selbst bei gesunden Jugendlichen wirke sich Luftverschmutzung negativ auf den Herzrhythmus aus. Die Studien betonten, dass die Krankheiten auch bei niedrigen Werten der Luftverschmutzung deutlich unterhalb der gesetzlichen Grenzwerte auftraten (Jahresmittelwert eingehalten) und dass es keinen sicheren unteren Schwellenwert für Luftverschmutzung gebe.


Der Diabetologe Dr. Markus Menzen, Chefarzt der Inneren Abteilung des Gemeinschaftskrankenhauses, zeigte in seinem Vortrag, wie Feinstaub auch bei der multifaktoriellen Erkrankung Diabetes eine Rolle spielt: „In Studien gibt es Hinweise, dass Feinstaubbelastung Entzündungsreaktionen sowie Veränderungen im Energiehaushalt der Zellen und bei der Insulinresistenz bewirkt.“ Es wird deshalb vorgeschlagen, bei der Erhebung der Krankengeschichte auch einen klinischen Fragebogen zur Abschätzung eines Krankheitsrisikos durch Luftverschmutzung am Wohnort einzusetzen.

Und was kann man tun, um die eigene Gesundheit vor Feinstaubbelastung zu schützen? Zu Fuß Laufen, Fahrrad-Fahren, Nutzen des Öffentlichen Personennahverkehrs oder des Elektroautos kann die lokale Luftqualität im Wohngebiet deutlich verbessern. Die WHO empfiehlt zudem, zum Laufen oder Fahrradfahren weniger befahrene Straßen zu wählen, Sport zu treiben entfernt von Quellen der Luftverschmutzung und zu Zeitpunkten mit möglichst geringer Luftverschmutzung, bei Rauch aus Waldbränden die Fenster zu schließen und einen Indoor Luftreiniger zu nutzen. Letzterer sei bei Luftverschmutzung in Wohngebieten oft die einzige Lösung, wenn nach dem Lüften die verschmutze Außenluft die Luft in den Innenräumen mit Schadstoffen angereichert habe. 

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass Kaminofenheizungen ein internationales Problem sind. In Krakau sei das Heizen mit Holz bereits verboten worden, London habe umfassende Aufklärungskampagnen zur Gesundheitsgefährdung durch Holzrauch gestartet, um die Menschen zu informieren (https://woodburning.london/, https://urbanhealth.org.uk/insights/reports/woodburning und die Initiative von https://www.mumsforlungs.org/our-campaigns/wood-burning). In Deutschland habe das Umweltbundesamt bei einer Zusatzbefragung zum Thema „Heizen mit Holzöfen“ mangelnde Kenntnisse und Fehlannahmen auch bei umweltbewussten Menschen festgestellt und eine öffentliche Aufklärungs- und Informationskampagne empfohlen, um Gesundheits-, Umwelt- und Klimaschutz in der Bevölkerung voranzubringen.


Interessierte, die sich für den Klimaschutz im Gesundheitswesen einsetzen möchten, können sich auch folgenden Initiativen anschließen: „KlimaDocs“ (www.klimadocs.de), „Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit e.V.“ KLUG (www.klimawandel-gesundheit.de).

 
 

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