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Musiktherapie in der Geriatrie 

Musik aktiviert die Sinne, vertieft die Atmung, hebt die Stimmung und stärkt die Selbstheilungskräfte. Mit großem Erfolg setzt die Geriatrie des Gemeinschaftskrankenhauses Bonn im Haus St. Elisabeth bei der ganzheitlichen Behandlung älterer Menschen Musiktherapie ein.

„Mir geht es heute gar nicht gut, ich hatte medizinische Anwendungen, und Singen kann ich mit meiner Lungenentzündung gerade gar nicht.“ Die erste Reaktion der 73jährigen Patientin, die in der Geriatrie des Gemeinschaftskrankenhauses liegt und Infusionen erhält, ist skeptisch, als sich Gabriele Treutlein ihr am Krankenbett vorstellt, doch die Musiktherapeutin, zugleich diplomierte Sozialpädagogin, findet die richtigen Worte: „Ich möchte mit Ihnen herausfinden, was Ihnen guttut, und Sie sind eingeladen, einfach zuzuhören.“ Damit ist die Patientin einverstanden. Und ihre 87jährige Bettnachbarin mit dem verletzten Knie strahlt schon, als die Musiktherapeutin vorschlägt, ein Volkslied zu singen, und ruft ihr erwartungsvoll „Auf geht’s!“ zu. Frau Treutlein greift in die Saiten ihrer Gitarre und stimmt „Horch, was kommt von draußen rein“ an. Beide Frauen klopfen mit ihren Fingern auf der Bettdecke den Takt mit, und nach der letzten Note lobt die 73Jährige, noch mit unbewegter Miene: „Gut gemacht!“ Das nächste Lied „Hoch auf dem gelben Wagen“ erinnert sie an den Altbundespräsidenten Walter Scheel, und sofort ergibt sich ein Gespräch, an dem sich beide Patientinnen angeregt beteiligen, der Gesichtsausdruck ist jetzt bei beiden heiter.

Die Akut-Geriatrie des Gemeinschaftskrankenhauses setzt Musiktherapie im Rahmen ihrer ganzheitlichen Behandlung ein. Chefarzt Frank Otten: „Unser Ziel ist es, bei den Patientinnen und Patienten die Selbstheilungskräfte zu stärken und sie dabei zu unterstützen, ihre psychische und körperliche Gesundheit wieder herzustellen: individuell nach Erkrankung und Zustand der Patienten. Dabei hilft die Musiktherapie sehr.“

Wie funktioniert das? Gabriele Treutlein: „Musik beeinflusst unsere Stimmung, vertieft die Atmung, sie aktiviert alle Sinne, belebt Erinnerungen, weckt Gefühle, regt Körper und Seele an und macht Freude. Gerade wer durch Krankheit verunsichert und niedergeschlagen ist, bekommt dadurch positive Signale, erlebt ein Wohlgefühl, das stabilisierend wirkt und so zur Gesundung beiträgt. Die Patientinnen und Patientinnen haben die Wahl, entweder nur zuzuhören oder selbst mitzusummen oder mitzusingen oder auch mit einer Rassel den Rhythmus mitzumachen. Das regt die Sinne an, primär das Auditive und das Taktile. Dabei werden wichtige Botenstoffe, wie das körpereigene Glückshormon Serotonin, Endorphine und das Bindungshormon Oxytocin freigesetzt, und die Stresshormone Cortisol und Adrenalin werden abgebaut. Ich bezeichne die Musik als Schlüssel und Türöffner, sie schafft schnell Kontakt und ein Zusammengehörigkeitsgefühl. So können durch die Arbeit der Musiktherapie z.B. die Ergotherapie oder die Logopädie unterstützt werden.“

Bei dementiell erkrankten Menschen komme noch hinzu, dass die Musik ein Königsweg in der Kommunikation ist: „Sie machen so eine Erfahrung, die ihnen Mut macht und ihr Vertrauen festigt, mit ihrer Situation umgehen zu können.“ Chefarzt Otten bestätigt: „Mit der Musiktherapie können wir ohne Medikamente oftmals so viel mehr erreichen.“ Als Indikationen nennt er besonders: respiratorische Erkrankungen wie Pneumonie (Lungenentzündung), Traurigkeit oder Depression sowie kognitive Veränderungen. Als erster Gesundheitseinrichtung der Region wurde dem Gemeinschaftskrankenhaus das Zertifikat des internationalen Netzwerks „Singende Krankenhäuser e. V.“ verliehen – als Bestätigung, dass es auf die heilsame Kraft des Singens setzt und den Patienten ein qualitätsgesichertes Singangebot macht.

Die Musiktherapeutin fühlt sich in die Patientinnen und Patienten hinein und spürt, was ihnen gerade guttut. So singt sie einen Genesungswunsch: „Singen ist Medizin“ und empfiehlt, Lieder zu summen, wenn man nachts wach liegt und wieder in den Schlaf finden möchte. Denn Musik könne nicht nur anregend, sondern auch entspannend wirken. Dazu zeigt sie einer Patientin, die nach einem schweren Sturz und anschließendem Koma noch im Rollstuhl sitzt, Atemübungen. Beim Einatmen werden die Arme gehoben, beim Ausatmen die Arme gesenkt und damit eine Entspannung und eine bessere Belüftung der Lunge unterstützt. Es folgt ein Tönen auf die Selbstlaute U, O und A und die Patientin streckt die Arme zur Seite aus. Die Reaktion kommt prompt: „Das ist befreiend.“ Neben der Gitarre hat die Musiktherapeutin auf einem kleinen Wagen weitere Utensilien dabei: Rhythmusinstrumente, ein Klangspiel, eine afrikanische Kalimba, eine Ocean Drum und auch eine Auswahl an Klassik-CDs sowie ein Abspielgerät. „Manchmal wird ein klassisches Stück gewünscht, das hören wir uns dann gemeinsam an und sprechen anschließend darüber.“

Die Patientin mit Sturzverletzung stimmt fröhlich in die Lieder mit ein. Gabriele Treutlein: „Ältere Menschen haben oft in ihrer Kindheit und Jugend vermehrt gesungen und kennen daher viele Volks- und Wanderlieder. Das Singen ist eine gute Methode, um Erlerntes wieder zu geben, Erinnerungen zu aktivieren und die damit verbunden Gefühle zur Sprache zu bringen.“

Bei den beiden 73- und 87jährigen Patientinnen ist Gabriele Treutlein schließlich bei Liedern aus den 1960er Jahren angelangt. „Marina, Marina, Marina“ geht den beiden so ins Blut, dass sie nun ganz eifrig den Takt mitklopfen, und die Frau mit der Lungenentzündung bewegt unter der Bettdecke ihre Füße, als würde sie tanzen. „Jetzt noch was Flottes“, bittet sie. Und als dann „Schuld war nur der Bossanova“ erklingt, ist die Erinnerung an die Tanzstundenzeit wieder da. Die Augen strahlen, als sie erzählt, dass sie ein schwarzes Kleid mit tiefem Rückenausschnitt getragen hat. „Mit 16 Jahren! Mein Vater fand das unpassend“, erzählt sie kichernd. Beim letzten Lied „Marmor, Stein und Eisen bricht“ singt sie dann selbst laut mit! Und muss über die eigene Courage laut lachen: „Erwischt!“

 
 

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