29.01.2024 | Das Caritas Bad Mergentheim
In seinem Informationsvortrag zur Prophylaxe und Therapie der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (im Folgenden paVK), einer in fortgeschrittenen Stadien sehr schmerzhaften Durchblutungsstörung in den Beinen, erläuterte der Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie Prof. Dr. Peter Baier Möglichkeiten der Prophylaxe und Therapie der „Schaufensterkrankheit“.
Enorm
wichtig sei, dass man nicht erst dann zum Hausarzt gehe, wenn sich die ersten
Symptome bemerkbar machten, sondern regelmäßig seine Blutwerte insbesondere
Blutzucker und Blutfette überprüfen und den Blutdruck kontrollieren lasse: „Nicht
derjenige ist gesund, der nie beim Arzt ist, sondern derjenige, der gesund vom
Arztbesuch rausgeht“, betonte der Facharzt für Allgemein-, Viszeral und
Gefäßchirurgie in seinem Vortrag vor knapp 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmern.
„Die Ursache der Schaufensterkrankheit liegt in einer krankhaften Veränderung
der Arterien, also der Blutgefäße, die das Blut in den Körper und die
Extremitäten transportieren. Im Laufe eines Lebens sammeln sich in den Arterien
Fettsubstanzen, Zuckerablagerungen und Verkalkungen an – kurz: es kommt zu
einer krankhaften Veränderung der Gefäße, der sogenannten Atherosklerose. Die
Gefäßverengung betrifft dabei alle Arterien im Körper, die Halsschlagader, die
koronare Arterie, die Nierenarterien, die Aorta und die peripheren Arterien,
sodass Gefäßverschlüsse für 60 Prozent aller Todesfälle verantwortlich sind“,
machte Prof. Baier das Ausmaß der Krankheit deutlich und stellte eine
5-Jahres-Prognose nach Erstdiagnose der pAVK vor, nach der die Atherosklerose
bei 35 Prozent der Patientinnen und Patienten auch einen Herzinfarkt auslöse.
Ab einer maximalen Gehstrecke von 200 Metern muss gehandelt werden
„Wie alle
Krankheiten, ordnen Mediziner auch den Verlauf der paVK vier Stadien zu. Im
ersten Stadium ist der Patient schmerzfrei und merkt in der Regel noch nichts
von der Gefäßveränderung. Schmerzen treten erst im zweiten Stadium unter
Belastung auf. Dann spricht man von der klassischen Schaufensterkrankheit. Kann
der Patient noch mehr als 200 Meter gehen, ohne wegen großer Schmerzen eine
„Schaufenster“-Pause einlegen zu müssen und ist er in seinem Alltag durch die
Schmerzen nicht eingeschränkt, ist kein invasiver Eingriff indiziert“, erklärte
Prof. Baier auch mit Blick auf die Risiken, die mit einem solchen Eingriff
einhergehen. Dann solle der Patient unbedingt Nikotin- und Alkohol Abusus
einstellen, sich gesund ernähren und intensives Gehtraining oder andere
Bewegung wie Schwimmen oder Radfahren betreiben. Regelmäßige Übungen
beispielsweise in einer Gefäßsportgruppe könnten den gleichen Erfolg erzielen
wie eine Bypass-Operation.
Katheter oder Operation
„In
Stadium drei leidet der Patient an Ruheschmerz in den Beinen. Dann ist die
Extremität bereits in akuter Gefahr. Besonders Diabetiker müssten vorsichtig
sein, denn Diabetes verursacht häufig eine Gefühlsstörung, sodass der Patient
direkt in das vierte Stadium der paVK rutschen kann. Hier sind die Extremitäten
bereits abgestorben, im Fall des Diabetikers mit Gefühlsstörungen ohne, dass er
vorher Schmerzen hatte“, erklärte Baier und betonte nochmal die Signifikanz
regelmäßiger Check-Ups. „Wenn Sie bei einer Gehstrecke von unter 200 Metern in
der Gerade bereits eine Pause einlegen müssen, ist eine
Revaskularisationsmaßnahme sinnvoll, in Stadium 3 bei Ruheschmerz ist sie sogar
dringend notwendig. Dann kann das Gefäßsystem unter Röntgen angestochen und die
Engstelle mit einem Ballonkatheter aufgedehnt werden. Besteht bereits ein
Gefäßverschluss, der nicht mehr aufgedehnt werden kann, wird das Gefäß
aufgeschnitten und der arteriosklerotische Plug ausgeräumt– eine Vorgehensweise,
die insbesondere bei den Leistengefäßen angewendet wird“, erklärte Prof. Baier
weiter. Bei langer Verschlussstrecke gebe es die Möglichkeit einer
Bypass-Anlage über eine Kunststoffleitungsbahn oder einen Venenbypass. Die
medikamentöse Therapie sei derzeit nur die letzte Option vor der Amputation, da
ihre Wirkung nicht ausreichend bestätig und die Nebenwirkungen hoch seien.
Gesunde Lebensweise ist wichtig
Auch nach
einem operativen Eingriff sollte sich der Patient aber dringend an eine gesunde
Lebensweise mit viel Bewegung halten, denn nach der „Reparatur“ der Arterie
fließe zwar wieder Blut, „aber egal wie viel Sie an einem Oldtimer schweißen,
es wird kein Neuwagen mehr“, stellte Prof. Baier abschließend sehr anschaulich
dar.
Info:
Regelmäßig informieren Ärztinnen und Ärzte in der Reihe „Caritas im Dialog“
Patientinnen und Patienten sowie Interessierte über Diagnose und Therapie
verschiedener Krankheitsbilder und medizinische Neuerungen. Am 22. Februar 2024
referiert Oberärztin Dr. Verena Nothtroff um 18:00 Uhr in der Aula des
Caritas-Krankenhauses zum Thema Oberbauchschmerzen. Um Anmeldung per E-Mail an veranstaltung.caritas@bbtgruppe.de bis zum
19. Februar wird gebeten.