Bei Notfalleinsätzen zählt oft jede Minute. Mit einem neuen digitalen Datenübertragungssystem sorgt jetzt das Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim gemeinsam mit den Rettungsdiensten der Region dafür, dass alle wichtigen Informationen über einen Patienten schon in der Klinik bekannt sind, bevor der Rettungswagen dort eintrifft. Die zielgerichtete Behandlung kann so schneller beginnen.
Auf dem großen Bildschirm im Zentrum für Notaufnahme blinkt ein roter Rahmen auf. Es ist das Zeichen, dass der Rettungsdienst mit einem neuen Notfallpatienten auf dem Weg ins Caritas-Krankenhaus ist. Ein Klick auf die Zeile am Computer im Stützpunkt und schon öffnet sich ein Fenster mit vielfältigen Informationen: Name und Alter des Patienten, Vitalzeichen wie Blutdruck, Blutzucker, Sauerstoffsättigung, Puls, die vermutliche Diagnose beziehungsweise der Anlass, der zum Transport ins Krankenhaus führt - und vor allem die geplante Zeit für die Ankunft in der Notaufnahme verbunden mit einer Nummer des Rettungswagens oder der Leitstelle. "Das System ist genial für die Ressourcenplanung im Haus und hilft uns enorm bei der raschen und effektiven Patientenversorgung", sagt Jürgen Weigand, Chefarzt des Zentrums für Notaufnahme im Caritas-Krankenhaus (ZNA) begeistert. "Wir wissen jetzt, wann ein Patient mit welcher Verdachtsdiagnose kommt und können hier schon alles zeitgenau für die Aufnahme vorbereiten." Wenn der Rettungswagen in die Wagenhalle des ZNA hineinfährt, steht schon eine Trage bereit und der Patient kann umgehend weiterversorgt und falls erforderlich ins Röntgen, das Herzkatheterlabor oder ins CT gebracht werden. Wartezeiten entfallen, Diagnostik und Therapie können sofort zielgerichtet beginnen.
Möglich macht dies seit Ende September das neue Computersystem NIDA (Notfall-Informations- und Dokumentations- Assistent), das die telemedizinische digitale Anbindung der Rettungsdienste an das Caritas-Krankenhaus sicherstellt. Seit Jahresbeginn haben sukzessive alle Rettungsdienste der Region dieses System angeschafft. Dazu gehören stabile Computer-Tablets, in die die Sanitäter während der Fahrt alle wichtigen Informationen eingeben können. Nach den Ampelfarben wird den Patienten eine Dringlichkeitsstufe zugeteilt. Aktualisierungen während der Fahrt sind möglich. Die Tablets sind außerdem per Bluetooth mit allen Geräten im Rettungswagen gekoppelt und können so zum Beispiel unmittelbar auch die Daten eines Zwölf-Kanal-EKGs erfassen. Per Knopfdruck werden diese Daten an das aufnehmende Krankenhaus geschickt. Die Daten sind dann - anonymisiert - auf dem großen "Arrivalboard" in der Notaufnahme und - personalisiert - an einem PC zu sehen. Zurzeit verfügt in Nord-Württemberg nur das Caritas- Krankenhaus Bad Mergentheim über diese innovative Technik.
"Hier dient moderne Technik direkt der besseren Versorgung von Patienten", betont Chefarzt Jürgen Weigand. "Wir können den Patientennamen mit unserem Archiv abgleichen und so bei wiederkehrenden Aufnahmen eventuell vorliegende Vorerkrankungen erkennen. Bei Verdacht auf Herzinfarkt bereiten die Kollegen einen der beiden Säle im Herzkatheterlabor für den Notfalleinsatz vor und können den Patienten direkt aus der Notaufnahme übernehmen. Ähnlich ist bei Verdacht auf Schlaganfall bereits das Team im CT und in der Stroke Unit informiert. Wir schaffen so echten Zeitgewinn, der bei diesen lebensbedrohlichen Erkrankungen entscheidend sein kann." Umgekehrt könne man bereits wartende Patienten noch behandeln, wenn klar ist, dass der Rettungsdienst mit dem nächsten Patienten erst in 20 Minuten eintreffen wird und eine Behandlung voraussichtlich nicht die höchste Dringlichkeitsstufe hat.
Auch für die Rettungsdienste bringt NIDA Vorteile. "Über eine Abfragemaske können unsere Sanitäter die Erstdiagnose strukturiert und standardisiert eingeben und bei Bedarf aktualisieren. Die Zeit für Telefonate mit der Notaufnahme entfällt weitgehend", betont Kai Schlecht, Leiter des Rettungsdienstes des DRK Bad Mergentheim. "Außerdem ersparen wir uns den administrativen Aufwand bei der Ankunft im Krankenhaus. Die Versichertendaten werden über NIDA direkt eingelesen und der Patient ist im Kliniksystem bereits angemeldet, wenn wir kommen. Auch das spart wieder Zeit, die schon für die Behandlung der Patienten verwendet werden kann. Außerdem steht unser Team im Rettungswagen schneller wieder für neue Einsätze zur Verfügung." Weiterer Vorteil für die Rettungsdienste: NIDA erstellt automatisch ein Protokoll des Einsatzes, das sowohl im Krankenhaus als auch beim
Rettungsdienst abgespeichert wird.
Das DRK Bad Mergentheim hat daher noch am Tag der Einführung mit dem Einsatz von NIDA begonnen. Aber auch bei den DRK-Rettungsdiensten im Hohenlohekreis, aus Buchen, Mosbach, Hardheim, Tauberbischofsheim und Creglingen wird NIDA eingesetzt. "Nach den ersten sechs Wochen kann ich ein durchweg positives Fazit ziehen", erklärt ZNA-Chefarzt Weigand. "Wir haben weniger Anrufe im ZNA, der Informationsfluss hat sich verbessert und wir sehen bereits den Zeitgewinn, weil wir Personal und Räume besser einteilen können. Das steigert die Effizienz und Qualität der Versorgung und das kommt am Ende vor allem dem Patienten zugute." Eine Bilanz, die Kai Schlecht vom DRK bestätigt: "Die Resonanz unseres Personals im Rettungsdienst ist durchweg positiv und es gibt eine sehr hohe Akzeptanz bezüglich der Anwendung des Systems seit der Einführung."