Werkstatt ist nicht gleich Werkstatt. Während sich andere Werkstätten
rein auf die Produktion und Dienstleistungen für die Industrie fokussieren,
gehen die St. Bernhards-Werkstätten neue Wege mit ihren Eigenprodukten aus den
Bereichen Kochen und Garten. Werkstattleiter Daniel Olk
stellt den Vetrieb vor.
Mir war schon immer klar, dass wir unsere eigenen Produkte vermarkten
müssen. Kerngeschäft wird es niemals werden, aber für die Außenwirkung der
Werkstatt ist es extrem wichtig: Nur so verstehen die Menschen, dass
Behindertenwerkstätte keine „Bastelbuden“ sind, sondern dass wir hochwertige
und geprüfte Produkte herstellen. Unser Grill ist zum Beispiel nach einer
DIN-Norm gebaut und von der Gewerbeaufsicht abgenommen. Aktuell arbeiten bei
uns 220 Klient*innen, die wir beschäftigten und bezahlen müssen. Das könnten
wir nicht gewährleisten, wenn wir nur unsere eigenen Produkte vertreiben, wir
brauchen die Industrie.
In unserer Metzgerei und Bäckerei stellen wir ausschließlich eigene
Produkte her. Darüber hinaus hat jeder Handwerksbereich seine eigenen Produkte.
So stellt die Abteilung „Verpackung und Montage“ Grillanzünder her, während die
Metallverarbeitung Handschuhdispenser für das Krankenhaus produziert. Die
Schreinerei fertigt Schneidebretter, Bänke und Dekorationsartikel, und die
Gärtnerei bietet alles rund um die Gartenpflege an.
Wir feilen so lange daran bis sie perfekt sind und auch von den
Klient*innen alleine hergestellt werden können. Unser Grill ist zum Beispiel
eckig, weil die Schweißarbeiten für einen runden Grillrost nur schwer zu
bewerkstelligen sind. Die Klienten waren ganz aus dem Häuschen, als der erste Grill
von Christian Weiskopf, Regionalleiter der Region Trier, gekauft wurde. Es ist
schon ein anderes Gefühl, wenn man ein eigenes Produkt verkauft, als wenn man ein
Teil fertigt, bei dem man nicht mal weiß, wo es verbaut wird.
Wir vertreiben unsere Produkte über die beiden Hofläden in Trier neben
dem Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Trier und hier auf dem Schönfelderhof
und in unseren Online-Shops auf Ebay und Etsy. Darüber sind wir sehr gut
ausgelastet, viel mehr dürfte es eigentlich nicht sein. Wir müssen vorsichtig
agieren, denn wir sind nicht jeden Tag gleich leistungsfähig. Nur weil man
morgens mit 15 Klient*innen plant, heißt das nicht, dass sie auch alle da und
arbeitsfähig sind. Das müssen wir bei den Aufträgen immer mit bedenken.
Auf jeden Fall, aber wir können nicht einfach eine Stellenausschreibung
rausgeben und Klient*innen bewerben sich. Sie werden unter anderem vom Land,
von den Arbeitsagenturen und den Rentenversicherungsträgern an die
verschiedenen Werkstätten vermittelt. Wir könnten lediglich „gesunde“ Produktionshelfer*innen
einstellen, aber das kommt nicht infrage, weil das nicht unseren Prinzipien entspricht:
Wir wollen unseren Klient*innen eine gute und sinnvolle Tätigkeit bieten und
nicht den Gewinn maximieren.
Wir sind hochzufrieden! Trotz der Pandemie haben wir den ursprünglich
angedachten Umsatz fast verdoppelt. Lediglich unser zweites Ziel hat gelitten:
Der Hofladen soll ein Ort der Begegnung werden, denn Inklusion ist keine
Einbahnstraße. Wir wollen unsere Klient*innen nicht nur in die Gesellschaft integrieren,
die Gesellschaft soll auch zu den Klient*innen kommen.
Dank unserer Lage zwischen zwei Premium-Wanderwegen haben wir am
Wochenende sehr viele Gäste, die in der St. Bernhards-Klause essen und anschließend
bei uns einkaufen. Des Weiteren wollen wir verschiedene Kurse anbieten, sobald
es wieder möglich ist: Näh-, Baumschnitt-, Koch- und Grillkurse. Wir haben
viele tolle Ideen, die aufgrund der Corona-Pandemie leider noch nicht zur Umsetzung
kamen.
Das Start-up Regiocart möchte unsere Produkte in ihre App aufnehmen. Die
App-Nutzer sehen dann, was wir anbieten und welche Lieferstrecken wir jede
Woche anfahren, zum Beispiel der Weg zum Brüderkrankenhaus jeden morgen. Wenn
ihre Lieferadresse auf unserem Weg liegt, können sie bei uns bestellen und wir
bringen es auf dem Weg vorbei. Das schont die Umwelt und unsere Ressourcen.
Das Interview führte Julia Sick.