Die Diagnose war ein Schock, die Angst vor der Operation groß: Nach der Diagnose „Myasthenia gravis“ stand Dani Lorenci ein großer Eingriff mit vielen Risiken bevor. Empfohlen wurde ihr unter anderem, sich bei Spezialisten in Berlin operieren zu lassen. Doch dann hörte sie von einer speziellen Operationsmethode am Katholischen Klinikum Koblenz · Montabaur – und entschied sich für die Klinik für Thoraxchirurgie.
Die Station T1 im Koblenzer Marienhof: Dani Lorenci sitzt auf ihrem Bett und strahlt. Erst wenige Tage ist der Eingriff her, doch schon an Tag eins danach konnte sie sich bewegen und auf der Station erste Schritte gehen. Nicht selbstverständlich bei ihrem Krankheitsbild. „Mir geht es sehr gut. Alles ist super verlaufen. Ich hatte auch direkt nach der Operation kaum Schmerzen.“
Doch was war passiert? Die zweifache Familienmutter hatte eine wahre Ärzte-Odyssee hinter sich. „Alles begann mit einem Schwächegefühl, auch Atemnot und Herzrasen kamen dazu. Plötzlich fühlten sich Arme und Beine schlapp an, ich konnte teilweise meine Hände nicht mehr heben und auch nicht mehr gehen.“ Von Mai bis Oktober geht es von einem Spezialisten zum nächsten – doch alle Untersuchungen von Kopf, Herz und Körper bleiben zunächst unauffällig. „Es ist vermutlich die Psyche, sagte mir ein Arzt. Aber ich habe gesagt: Das kann nicht sein. Ich bin glücklich verheiratet, habe zwei tolle und gesunde Kinder.“
Erst als Dani Lorenci darauf besteht, von einem Neurologen untersucht zu werden, findet dieser heraus: Sie leidet an Myasthenia gravis. Dabei handelt es sich um eine Störung der neuromuskulären Erregungsübertragung. Es bilden sich Antikörper gegen eine sehr wichtige Substanz im Körper, die entscheidend ist bei der Reizübetragung vom Nerv auf den Muskel. Dieser reagiert dann oftmals fehlerhaft. Von 100.000 Menschen in Deutschland leiden nur zwei an einer solchen Erkrankung. Ein Weg der Behandlung ist die Entfernung der Thymusdrüse, die hinter dem Brustbein sitzt. So war es auch bei Dani Lorenci.
Doch dieser Eingriff, das erfährt Lorenci sehr schnell, ist in der Regel sehr komplex und kompliziert. Oftmals ist es zur Entfernung der Thymusdrüse notwendig, den Brustkorb aufzusägen. Auch die Narkose birgt in diesem Fall eine besondere Gefahr, da die Patienten beatmet werden und sogenannte Muskelrelaxantien verabreicht werden. Diese sorgen für eine Entspannung der Muskulatur und machen den Patienten bewegungsunfähig. Gerade bei dieser Muskelerkrankung kann dies zu weiteren Komplikationen führen.
Die Thoraxexperten am Katholischen Klinikum jedoch gehen einen besonderen Weg, „wie ihn meines Wissens nach nur sehr wenige in Deutschland gehen“, sagt Privatdozent Dr. Martin Hürtgen, Chefarzt der Klinik für Thoraxchirurgie. „Zum einen wenden wir eine ganz besondere Methode an, bei der wir minimalinvasiv vorgehen. Das heißt, wir müssen den Brustkorb nicht aufsägen, sondern benötigen nur einen kleinen Schnitt.“ Zudem hatte MU Dr. Jan Tripsky, Oberarzt der Klinik für Thoraxchirurgie, den Impuls zur Anschaffung eines speziellen Gerätes gegeben, mit dem man bei diesem Eingriff den Brustkorb leicht anheben und so ideal an Gewebe und Drüse arbeiten kann. „Das macht es uns noch einmal deutlich einfacher“, sagt Dr. Tripsky. „Unter anderem muss man nicht wie früher von der Seite und auch nicht durch die Rippen operieren, was ein weiteres Risiko bedeuten würde.“
Nicht nur die minimalinvasive Vorgehensweise unter Anhebung des Brustkorbes, sondern dies in Kombination mit einer Narkose, die ganz auf Beatmung (non intubated) und den Einsatz von Muskelrelaxantien verzichtet, machen das Verfahren so besonders. „Beides, sowohl den Eingriff als auch diese Form der Narkose, haben wir schon oft eingesetzt“, sagt Dr. Hürtgen. „Die Kombination ist allerdings neu und sehr schonend für den Patienten.“ Er wird lediglich mit einem Schlafmittel narkotisiert und der Schmerz wird örtlich durch den Einsatz eines Schmerzmittels (Analgetikum) unterdrückt. „Der Patient könnte also theoretisch nach der OP aufstehen und den Operationssaal verlassen“, sagt der Chefarzt.
„Für mich ist all dies eine große Erleichterung“, sagt Dani Lorenci. „Der Schock und die Hilflosigkeit nach der Diagnose und mit dem Ausblick auf einen schweren Eingriff mit Öffnung des Brustkorbes waren riesig. Nur durch einen persönlichen Kontakt erfuhr ich, dass es diese spezielle Methode hier am KKM gibt. Vom ersten Gespräch an hatte ich ein riesengroßes Vertrauen. Dr. Hürtgen und Dr. Tripsky haben mir und meiner Familie ein tolles Gefühl gegeben. Ich habe mich hier super aufgehoben gefühlt.“
Vor einem Eingriff mit Beatmung und großem Schnitt hätte Dani Lorenci „sehr große Angst“ gehabt. Vor der nun durchgeführten OP hatte sie diese nicht. „Frau Lorenci hat sich sehr gut auf uns und auf die Operation eingelassen“, sagt Oberarzt Dr. Tripsky. „Der Eingriff ist sehr gut verlaufen und auch der Heilungsprozess läuft prima an.“ Die Krankheit ist mit der Operation noch nicht besiegt, der Körper muss erst noch biologisch auf die Entfernung der Thymusdrüse reagieren. Aber aus der großen Sorge vor der Operation ist große Zuversicht geworden. Die erste große Hürde ist genommen.
International besonders anerkannt ist die Expertise der Thoraxchirurgen am Lungenkrebszentrum des Katholischen Klinikums für minimalinvasive Methoden, die sogenannte Schlüssellochchirurgie. Die erste minimalinvasive Entfernung eines Lungenlappens in Rheinland-Pfalz wurde am Katholischen Klinikum durchgeführt. Bei dieser Operationstechnik werden nur kleine Schnitte zwischen den Rippen vorgenommen. So haben die Patienten weniger Schmerzen, können besser atmen und erholen sich schneller nach dem Eingriff.
Die Thoraxchirurgen sind nicht nur anerkannte Spezialisten in dieser Operationstechnik, Chefarzt Privatdozent Dr. Martin Hürtgen und sein Team entwickelten auch neue Verfahren zum Wohle der Patienten wie die videomediastinoskopische Lymphadenektomie (VAMLA) und die mediastinoskopische Sonografie (MUS). Spezialisten nicht nur aus Deutschland und Europa, sondern auch aus Japan wollen diese neu entwickelten Methoden erlernen und hospitieren entweder am Klinikum oder laden Dr. Hürtgen und sein Team in die ausländischen Kliniken zu Lehroperationen ein.
Die Kombination dieser neuen Techniken mit einer minimalinvasiven Tumorentfernung (thorakoskopische Lobektomie) schont nicht nur die Patienten, sondern scheint nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen auch die Heilungschancen zu verbessern.