Stefan Huberty leidet seit zwölf Jahren an Parkinson.
Heilung gibt es nicht, aber gute Behandlungswege, die das Leben wieder leichter
machen. Der 49-Jährige erzählt von seiner Krankheit und einem Helfer in seiner Brust,
der dem Hirn auf die Sprünge hilft.
Wahnsinn, denke ich, wenn ich mich selbst auf Fotos von
vor zwei, drei Jahren ansehe. Damals war meine Mimik stark eingeschränkt, meine
Haltung gebückt. Heute geht es mir sehr gut: Meine Mimik ist lebendiger
geworden, ich habe einen aufrechten Gang und kann wieder mit Messer und Gabel
essen. Das war vor meiner Operation vor einem halben Jahr nicht mehr möglich.
Ich leide seit zwölf Jahren an Parkinson, mit allen drei Hauptsymptomen: dem
Tremor, durch den Parkinson im Volksmund auch als Schüttelkrankheit bekannt
ist, versteiften Gelenken und eingeschränkter Beweglichkeit. Ich spiele gerne
Skat, aber vor der Operation konnte ich die Karten kaum noch festhalten. Das
Mischen fiel mir schwer, und selbst beim Aufnehmen wurde ich immer langsamer.
25 Jahre habe ich als Lehrer für Pflegeberufe
gearbeitet. Aber auch das Unterrichten war irgendwann nicht mehr möglich, ich
habe es nicht mehr geschafft, zwei oder gar vier Stunden konzentriert vor der
Klasse zu stehen. Mein Arbeitgeber, das Brüderkrankenhaus in Trier, fand eine
neue Beschäftigung für mich: Seit zwei Jahren organisiere und plane ich
Fortbildungen. Dazu muss ich viel telefonieren und am Computer arbeiten, aber
ich habe weiterhin mit Menschen zu tun. Auch wenn ich nicht mehr ständig vor
einer Klasse stehe, halte ich manchmal Vorträge über meine Krankheit. Besonders
stolz bin ich auf den Flyer für meine Selbsthilfegruppe. Ich habe sie vor fünf
Jahren gegründet, inzwischen liegt die Information überall aus. Einmal im
Monat treffen wir uns, vor allem jüngere Parkinsonpatienten. Manchmal sind wir
um die 20 Leute, manchmal auch nur zu viert. Es ist wichtig, Menschen um sich
zu haben, mit denen man sich austauschen kann. Wir erstellen zum Beispiel
Protokolle über die Wirkung von Medikamenten. Wir lachen auch viel miteinander,
spielen Boule oder feiern. Das ist wichtig, denn Parkinson ist unheilbar. Das
heißt, ich muss damit leben - also muss man sich gegenseitig Mut machen.
In der Gruppe erzählte mir eine 72-Jährige, dass sie sich einen Gehirnschrittmacher hat einsetzen lassen. Das war vor einem Jahr. Schon früher wies mich mein Neurologe, Professor Dr. Matthias Maschke, darauf hin. Ich habe im Internet recherchiert und herausgefunden, dass diese Operation oft bei Menschen gemacht wird, bei denen die Medikamente nicht mehr anschlagen. Mir ging es noch relativ gut, aber ich bin auch auf die englische Studie "Early Stim" gestoßen: Ihr zufolge wirkt die Operation umso besser, je jünger der Betroffene ist. Damals dachte ich, ich zögere das lieber noch hinaus. Natürlich hatte ich Angst vor Komplikationen - man unterschreibt ja wie vor jeder Operation, was alles passieren kann. Da ist vom Schlaganfall bis zum Tod alles dabei. Doch ich konnte mich nach und nach immer schlechter bewegen, das Aufstehen vom Tisch fiel mir zum Beispiel sehr schwer. Außerdem sind die Nebenwirkungen der Medikamente schlimmer geworden.
Gerade jüngeren Patienten kann
ein Gehirnschrittmacher helfen. "Er funktioniert ähnlich einem Herzschrittmacher", sagt Professor Dr. Matthias Maschke, Chefarzt der
Neurologie am Brüderkrankenhaus in Trier. Das Gerät wird in die obere
Brusthälfte eingesetzt, zwei Elektroden im Gehirn harmonisieren die Arbeit der
beiden Gehirnhälften, sodass die fehlerhafte Erregung eher unterdrückt wird.
Dadurch wird die Beweglichkeit verbessert, das Zittern vieler Patienten nimmt
ab. Die meisten brauchten auch nach dem Eingriff noch Medikamente - aber
wesentlich weniger, so der Neurologe. Patienten, die seit einigen Jahren an
Parkinson leiden, habe die Operation etwa ermöglicht, weiter im Berufsleben zu
bleiben. "Junge Menschen fühlen sich durch die Nebenwirkungen der Medikamente
und das Zittern stark eingeschränkt. Da kann eine Operation sehr sinnvoll
sein", sagt Maschke.
Die Einschränkungen im Alltag wurden so groß, dass ich merkte: So geht es nicht weiter. Einerseits hatte ich nachts extreme Schlafstörungen, war jedoch am Tag oft sehr schläfrig. "Mensch, Papa, du schläfst jedes Mal ein, wenn wir würfeln", sagte meine Tochter zu mir. Also habe ich mich für den Eingriff entschieden. Sieben Stunden hat er gedauert, und die meiste Zeit davon musste ich mitarbeiten: die Augen bewegen, von 100 rückwärts zählen, meine Arme bewegen. Aber es war gar nicht so schlimm. Noch auf der Intensivstation habe ich gemerkt, wie viel leichter mir bestimmte Bewegungen fallen. Das war wie ein zweites Leben. In meiner Brust sitzt jetzt der Impulsgeber, so groß wie zwei Streichholzschachteln. Zwei Kabel verbinden ihn mit den Elektroden in meinem Gehirn, die mit kleinen Stromstößen die Hirntätigkeit harmonisieren. Als Fremdkörper habe ich das Gerät nie empfunden, und zum Glück muss ich nur noch wenige Medikamente einnehmen - in der Regel kann man sie reduzieren, aber nicht ganz darauf verzichten. Ich mache Physiotherapie im Bewegungsbad und progressive Muskelentspannung, das hilft bei der weiteren Regeneration, außerdem fahre ich unheimlich gerne Fahrrad. Und ich kann wieder jeden Montag Skat spielen!
Dass ich an dem Ort operiert wurde, an dem ich auch
arbeite, ist schon gut. In der freien Wirtschaft wäre ich sicherlich schon
Frührentner geworden. Hier haben mich viele Kollegen besucht, der Hausobere hat
mich angesprochen, wie es mir ginge. Das ist toll - ebenso die Möglichkeit,
dass ich jetzt andere Patienten beraten kann. Ich freue mich sehr, wenn mich
jemand auf den Eingriff anspricht, denn wenn man aus solch einer Krankheit
etwas Positives ziehen kann, dann ist es, Mut und Hoffnung weiterzugeben. Mir
hat es die Entscheidung erleichtert, von Betroffenen zu hören, dass sie
Verbesserungen spüren - und jetzt möchte ich genauso andere unter-stützen. Eine
wichtige Rolle spielt natürlich das Verhältnis zum Arzt. Zu meinem behandelnden
Neurochirurgen Dr. Gernot Surges hatte ich von Beginn an ein tiefes Vertrauen.
Heute gehe ich zu ihm, um die Einstellung des Gehirnschritt-machers überprüfen
zu lassen. Im Alltag fällt mir der Schrittmacher gar nicht mehr auf, nur beim
Nachjustieren: Wenn die Voltzahl erhöht wird, fühlt sich das wie ein leichter
Schauer an. Mir ist es wichtig, das Positive im Leben zu sehen. Ich habe nie
mit der Krankheit gehadert - Gott sei Dank habe ich nur Parkinson! Es hätte
mich viel schlimmer treffen können.
Aufgezeichnet von Paula Konersmann
Bereits in den 1950er- und 1960er-Jahren wurden Gehirnschrittmacher,
um den Parkinson-Gehirn "auf die Sprünge zu helfen". Heute sind die Risiken
deutlich geringer und die Erfolgsaussichten viel besser. Die Neurochirurgen
Chefarzt Professor Dr. Martin Bettag und Oberarzt Dr. Gernot Surges am
Brüderkrankenhaus in Trier erklären, was bei der Operation passiert.
Wie arbeiten Neurologie und
Neurochirurgie bei der Behandlung von Parkinson zusammen?
Bettag: Parkinson wird zunächst neurologisch behandelt,
denn bei der Krankheit wird ein wichtiger Botenstoff im Gehirn nicht mehr
ausreichend gebildet. Die Symptome lassen sich lange gut mit Medikamenten
behandeln. Wenn die Krankheit fortschreitet und die Medikamente weniger
anschlagen, können wir Neurochirurgen mit einer tiefen Hirnstimulation, also
einer Operation weiterhelfen.
Wie verläuft diese Operation?
Surges: Die Operation ist zeitaufwendig, weil zwei
Elektroden in die Tiefe des Gehirns gelegt werden müssen. Während der Operation
erstellen wir eine Aktivitätskarte des Gehirns, um zu erkennen, welcher Bereich
wie stimuliert werden muss. Dabei und bei der anschließenden Teststimulation
ist der Patient bei Bewusstsein. Sowohl die Aktivitätskarte als auch das
Ergebnis aus Wirkung und Nebenwirkung bestimmen die Lage der Elektrode. Nach
der Elektrodenimplantation wird der Hirnschrittmacher unter Vollnarkose unter
dem Schlüsselbein eingesetzt.
Und dann gilt der Patient als
geheilt?
Bettag: Der Stimulator kann die Symptome über einen
langen Zeitraum mildern, ein kurativer Ansatz ist die Operation nicht. Für die
Patienten lässt sich die Lebensqualität meist deutlich verbessern.
Der Gehirnschrittmacher muss
regelmäßig nachjustiert werden. Wie funktioniert das?
Surges: In den ersten Monaten nach der Operation wird die
Einstellung des Geräts regelmäßig modifiziert. Mit der Zeit ist das nur noch
seltener notwendig. In Absprache mit dem Patienten wird die Energie etwas
erhöht, meist im niedrigen Voltbereich. Damit lassen sich eventuell wieder
aufgeflammte Symptome gut unterdrücken.
Ein Mangel an Dopamin löst die Krankheit aus. Dieser körpereigene Botenstoff wird in der Hirnregion Substantia nigra gebildet und ist für die Regulierung verschiedener Funktionen wie etwa der Bewegung mitverantwortlich. Im Verlauf der Erkrankung sterben die Nervenzellen in der Substantia nigra ab, es wird weniger Dopamin gebildet und Bewegungsabläufe können nicht mehr richtig koordiniert werden. Sind etwa 60 Prozent der Dopamin herstellenden Zellen zerstört, entstehen die für Parkinson typischen Bewegungsstörungen. In der Mehrzahl der Fälle ist unklar, warum die Zellen absterben.
Durch das steigende
Durchschnittsalter der Gesellschaft häufen sich die Fälle von Parkinson. Ab
einem Alter von 60 Jahren steigt das Risiko für die Erkrankung. Parkinson kann
heute gut behandelt werden. Wichtig ist zunächst die richtige Diagnose, erklärt
der Chefarzt der Neurologie am Brüderkrankenhaus in Trier, Professor Dr.
Matthias Maschke. "Viele Patienten gehen zunächst zum Orthopäden, weil sie
Schmerzen haben. Manche landen erst nach zwei Jahren in der Neurologie."
Medikamente können helfen, ergänzt wird die Therapie je nach Bedarf um
neuropsychologische, physiotherapeutische oder logopädische Angebote.
Erst zittern die Hände in der Ruhephase, dann
ständig. Später können auch die Füße betroffen sein. Im Schlaf und während
einer Bewegung tritt das Zittern nicht auf.
Aufstehen, drehen, gehen - die
Bewegungen werden langsamer, die Haltung gebeugter, die Schritte kleiner. Mimik
und Gestik nehmen ab.
Bewegungen können nicht mehr
ausbalanciert werden: Es kommt zu einem unsicheren Gang und Stürzen.