Eine gesunde Psyche erhöht die Lebensqualität von Krebspatienten, und sie kann den Behandlungserfolg der Therapie begünstigen, sagt Psychoonkologin Kathrin Schleitzer, Abteilung Klinische Psychologie und Psychotherapie am Brüderkrankenhaus St. Josef Paderborn.
Das oberste Ziel der Psychoonkologie ist, die psychische Verfassung von Patienten und Angehörigen zu stabilisieren und zu verbessern. Wir unterstützen aber auch die medizinischen Teams bei der Arbeit mit Krebskranken. An Universitäten ist Psychoonkologie ein eigener Forschungszweig.
Jedem, der sie benötigt. Krebsdiagnosen sind oft sehr folgenreich und treffen die meisten Betroffenen vollkommen unerwartet: Viele Menschen werden davon dermaßen aus dem Gleichgewicht geworfen, dass alles, was sie sonst in schwierigen Situationen trägt - Familie, Freunde, Hobbys - überhaupt nicht mehr greifbar scheint.
Die Therapie richtet sich immer nach dem individuellen Bedarf. Manchmal genügt es, darüber zu sprechen, was die Diagnose für das eigene Leben und das der Familie bedeutet. In akuten Fällen arbeiten wir auch mit Techniken aus der Traumatherapie. Da geht es um die unmittelbare Stabilisierung im Hier und Jetzt. Aber viele Menschen mit schweren Erkrankungen kreisen auch langfristig um Fragen wie: Warum gerade ich? Wie schlimm ist es? Was soll nur werden? Um das verlorene Gleichgewicht dann wiederherzustellen, ist es wichtig, solche Gedanken loszulassen.
In akuten, aber auch dauerhaften Stresssituationen können Atemübungen oder andere Entspannungstechniken helfen. Sehr gute Erfahrung haben wir mit Imagination gemacht: Bei dieser Technik stellen wir uns mit dem Patienten zum Beispiel vor, dass wir an einen sicheren Ort reisen, an dem wir die belastenden Gedanken ablegen und zurücklassen können. Ich habe noch keinen Patienten erlebt, der das nicht als hilfreich erlebt hätte.
Eine stabile Psyche hilft Patienten, die oftmals sehr anstrengende Therapie besser durchzustehen. Wer zum Beispiel kraftraubenden Stress gut abbauen kann und nachts ruhig schläft, der hat auch körperlich größere Reserven. Und das unterstützt in vielen Fällen durchaus die Selbstheilungskräfte. In jedem Fall aber verbessert es die Lebensqualität während und auch nach der Behandlung.
Text: Jan D. Walter | Fotos: André Loessel