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04.10.2020

Aus Liebe zur Heimat

Eigentlich wollte Dr. Rainer Deschner nach seiner Promotion in der Pharma-Industrie arbeiten. Seine erste Arbeitsstelle trat er allerdings in der Zentralapotheke des Caritas-Krankenhauses Bad Mergentheim an und ist bis heute geblieben. 1988 als Berufsanfänger eingestellt, wurde er bereits 1990 Chefapotheker. Warum der schnelle Wechsel anfangs recht schwierig war und was sich seitdem alles verändert hat, erzählt er im Interview.

Wie kam es, dass Sie statt eines Jobs in der Pharma-Industrie die Zentralapotheke des Caritas-Krankenhauses gewählt haben?

Ich bin da irgendwie reingeschlittert. Nach dem Studium habe ich promoviert an der pharmazeutischen Fakultät der Universität Würzburg. Danach wollte ich eigentlich in der Pharma-Industrie arbeiten als Leitung in einem analytischen Labor. Ich hatte auch schon ein Angebot, allerding weit von der Heimat entfernt. Deswegen habe ich mich nach einer heimatnahen Alternative umgesehen. So kam ich an das Caritas-Krankenhaus als Krankenhausapotheker und habe gemerkt, dass mir diese Arbeit sehr gut gefällt. Vor allem die vielen unterschiedlichen Aufgabengebiete in der Krankenhauspharmazie sowie die Mitgestaltung der Arzneimitteltherapie haben mich von Anfang an gepackt.

Haben Sie dann im Caritas-Krankenhaus auf eine Leitungsposition hingearbeitet?

Klar hat mich das interessiert, aber es ging dann doch alles schneller als gedacht. Mein ehemaliger Chef hatte leider einen Schlaganfall, weswegen ich nach einem Jahr bereits zum kommissarischen Leiter ernannt wurde. 1990 bin ich dann Chefapotheker geworden. Im Nachhinein betrachtet, ging das viel zu schnell, ich hätte gerne noch ein paar Jahre unter ihm gelernt. Als Berufsanfänger war es anfangs doch recht schwer sich zu behaupten - die meisten Chefärzte hätten mein Vater sein können. Auch ging es noch sehr autoritär zu, da hat sich niemand gerne von einem Apotheker reinreden lassen.

Der Stellenwert von Apothekern hat deutlich zugenommen.

Hat sich das mittlerweile geändert?

Auf jeden Fall. Seit etwa 10 bis 15 Jahren arbeiten wir mit einer neuen Generation von Medizinern zusammen, die bereits an der Uni lernen, dass man als Team im Krankenhaus zusammenarbeiten muss. Außerdem hat wie in allen anderen Branchen, der ökonomische Druck zugenommen. Auch Ärzte müssen wirtschaftliche Verantwortung übernehmen, wodurch sie sensibler geworden sind für pharma-ökonomische Themen. Heute sind Mediziner viel offener für Vorschläge aus der Apotheke.

Was hat sich außerdem seit Ihrem Beginn vor 32 Jahren am Berufsfeld verändert?

Vor allem der Stellenwert des Krankenhausapothekers hat deutlich zugenommen, gerade auch weil die Arzneimitteltherapie (AMT) immer komplexer wird. AMT ist ein Hochrisikoprozess, bei dem an jeder Stelle im System folgenschwere Fehler auftreten können. Nur wenn interdisziplinär zusammengearbeitet wird, können wir einen qualitativ guten und sicheren Prozess gewährleisten. Wir werden mehr mit eingebunden, das ist eine tolle Veränderung, aber meiner Meinung nach, muss das Know-how von Apothekern im Krankenhausalltag noch stärker abgerufen werden - zum Beispiel bei klinischen Visiten. Bei der Visite könnten wir uns den verschriebenen Medikamenten-Cocktail nochmal ganz genau anschauen und auf Wechselwirkungen oder Doppelverordnungen prüfen. Über den Einsatz von Stationsapothekern wird derzeit beraten.

Was ist Ihnen an Ihrer Arbeit besonders wichtig?

Ich habe mich immer eingesetzt für eine evidenzbasierte Medizin. Es ist mir wichtig, dass nur solche Medikamente eingesetzt werden, die auch klinisch gut geprüft sind.

Das klingt als würden Sie viele Studien lesen.

Das habe ich früher tatsächlich gemacht, heute ist das nicht mehr so umfangreich notwendig, weil sich das Zulassungsprozedere von Medikamenten geändert hat. Durch das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) wird schon bei der Zulassung die Wirksamkeit jedes Medikamentes sehr streng geprüft, und zwar wird die Wirkung mit dem Goldstandard in dem jeweiligen Anwendungsgebiet verglichen, also dem bisher bewährtesten Arzneimittel. Anhand dessen wird der Nutzen des Medikaments bewertet auf einer Skala von „erheblichem Mehrwert“ bis „gar keinen Zusatznutzen gegenüber dem Goldstandard“. Das nimmt uns sehr viel Arbeit ab, weil nun die Zulassungsstudien nicht mehr von den Herstellerfirmen, sondern von unabhängigen Wissenschaftlern bewertet werden.

Apotheker überprüfen bei Patienten ob sie möglicherweise Medikamente doppelt einnehmen oder sich die Wirkung von zwei Medikamenten gegenseitig beeinflusst.

Die gesparte Zeit können Sie jetzt wahrscheinlich in andere Bereiche investieren oder?

Wir sind mittlerweile verstärkt im Bereich der Arzneimittel-Anamnese unterwegs. Vor allem bei Patienten die operiert werden, stellen wir ihre Medikamente auf unsere hauseigenen Medikamente um. Dabei machen wir gleichzeitig einen Wechselwirkungscheck, schauen ob Doppelverordnungen vorliegen oder maximale Tagesdosen überschritten werden. Bei bis zu zehn Prozent der Patienten, liegt einer dieser ungünstigen Faktoren vor.

Gibt es eine Besonderheit an Ihrer Apotheke?

Ein Schwerpunkt liegt im Bereich der Arzneimittelinformation. So ist unsere Klinikapotheke regionales Arneimittelinformationszentrum der Landesapothekerkammer Baden Württemberg (RAIZ) und Ansprechpartner für über 300 öffentliche Apotheken in der Region bei komplexen klinisch-pharmazeutischen und pharmakologischen Fragestellungen. Eine Besonderheit ist sicherlich auch, dass zu unserem Team ein Wundexperte gehört, der sich auf Station Wunden anschaut und die Pflegekräfte bei der Versorgung berät. Bei Fragen rund um Antibiotika bin ich als Antibiotic Stewardship –Experte Ansprechpartner. Insgesamt legen wir sehr viel Wert auf Arzneimittelinformation und stellen viele Materialien im Intranet für Mitarbeitende ein.

Als Zentralapotheke sind wir nicht nur für das Caritas-Krankenhaus zuständig, sondern auch für acht weitere Kliniken im Main-Tauber-Kreis mit zusammen 1800 Betten . Darunter ist auch eine Klinik, für die der Einsatz von Phytopharmaka und homöopathischen Mitteln ein wesentlicher Bestandteil des Therapiekonzepts darstellt.

Das heißt Sie haben als Leiter trotzdem noch viel mit Medikamenten direkt zu tun?

Ich habe zwar viele administrative Aufgaben, die einen Großteil meiner Zeit beanspruchen, aber die operative Arbeit mit Medikamenten lasse ich mir nicht nehmen: Routinearbeiten wie Anamnesen oder Beratungen gehören zu meinen alltäglichen Arbeiten. Ich schaue auch von Zeit zu Zeit mal durch die Regale und überlege bei „Ladenhütern“ ob es Sinn macht sie weiter als Vorrat zu bestellen. Ich verbringe also durchaus noch einige Zeit am Puls der Arzneimittel.

Durch die Mitgliedschaft in der pharmaceutical benefit management group (PBMG eG) - einer Einkaufsgemeinschaft von Krankenhausapotheken in ganz Deutschland – haben Sie vor allem wirtschaftliche Vorteile im Einkauf. Hat Ihnen die Zusammenarbeit in einer brenzligen Situation schon einmal geholfen, dass zum Beispiel ein bestimmtes Medikament nicht lieferbar war und ein anderer aushelfen konnte?

Soweit ist es Gott sei Dank noch nicht gekommen. Durch die PBMG ist eine Lieferfähigkeit fast zu 100 Prozent gewährt. Wir halten in den Verträgen mit den Herstellern meist fest, dass sie für Mehrkosten aufkommen, wenn wir das Medikament bei einem anderen Hersteller bestellen müssen. Wenn es also zu Lieferengpässen kommt, beliefern sie bevorzugt die PBMG.

Auch während der Corona-Pandemie kam es nicht zu Lieferengpässen?

Doch, hier kam es tatsächlich vor. Ich bin mittlerweile seit mehr als 30 Jahren in der Krankenhauspharmazie und habe dadurch bei den Herstellerfirmen sehr viele Menschen kennengelernt. Das war während der Pandemie von Vorteil, durch die persönlichen Beziehungen konnte ich dringend benötigte Medikamente akquirieren. Ohne die PBMG hätte ich wahrscheinlich nicht so viele breitgestreute Kontakte in den Pharma-Firmen.

Die pharmaceutical benefit management group (PBMG eG), ein Zusammenschluss von Apotheken von Krankenhäusern in ganz Deutschland, feiert in diesem Jahr ihr 10-jähriges Jubiläum. Gegründet wurde die Genossenschaft, um von einem gemeinsamen wirtschaftlichen Arzneimitteleinkauf zu profitieren. Ende der 1990er Jahre als freundschaftlicher Austausch von sechs Krankenhausapotheken gestartet und zum 1. Oktober 2010 professionalisiert, arbeiten heute 25 Krankenhausapotheken in ganz Deutschland in der pharmaceutical benefit management group (PBMG eG) zusammen – mit einem Arzneimittelumsatz von etwa 700 Millionen Euro. Darunter sind auch fünf Apotheken der BBT-Gruppe. Die Corona-Pandemie als Bewährungsprobe im Jubiläumsjahr machte die Vorteile des gemeinschaftlichen Einkaufs und der Vernetzung untereinander nochmals deutlich: Erfahrungsaustausch, gegenseitige Unterstützung, Liefersicherheit, Qualität und gut ausgehandelte Preise.

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