Sicher: An der Bezahlung muss etwas getan werden. Gute Pflege hat einen fairen Preis. Und gute Pfleger*innen müssen auch besser bezahlt werden, als das heute vielfach üblich ist. Da hört sich die Initiative unseres Bundesarbeitsministers, der gerade für einen Flächentarifvertrag in der Altenhilfe wirbt, eigentlich sehr attraktiv an, findet Dr. Markus Mai, Leiter der Stabsstelle Gesundheits- und Sozialpolitik der BBT-Gruppe und Präsident der Landespflegekammer Rheinland-Pfalz.
Und ja, auch ich finde, tarifliche oder alternative Regelungen sind absolut zu begrüßen. Sie bieten die Voraussetzungen für eine gleiche und faire Behandlung der Beschäftigten und unterbinden Willkür bei der Entlohnung und den Arbeitsbedingungen. Doch was sich hinter den Überlegungen sogenannter Mindestbedingungen, die ver.di gemeinsam mit der Bundesvereinigung der Arbeitgeber in der Pflegebranche (BVAP) geschlossen hat, verbirgt, ist keine gute Weiterentwicklung. Basierend auf den Mindestlohnüberlegungen machen sich die Akteure froh mit der Aussage, dass diese bis 2023 um 25 Prozent erhöht werden. Dabei dürften jetzt eigentlich schon bei denjenigen, die tatsächlich nur den Mindestlohn zahlen, keine hochqualifizierten Pflegefachpersonen mehr arbeiten.
Viele
Betriebe zahlen bereits jetzt schon deutlich mehr, als der angestrebte
Flächentarifvertrag sicherstellen will. Insbesondere die gängigen Tarifverträge
und die arbeitsvertraglichen Richtlinien etwa der konfessionellen Arbeitgeber
liegen ebenfalls über den angedachten Mindestbedingungen. Eine
Vereinheitlichung birgt die Gefahr, dass sich die Kostenträger dann auf das
niedrige Lohnniveau eines allgemeinen Tarifwerkes beziehen, um entsprechend
Kosten zu sparen. Das ist kein Vorwurf an die Kostenträger in der öffentlichen
Hand. Ihnen bliebe gar keine Wahl, denn sie sind in unserem Sinne verpflichtet,
sorgsam und verantwortlich mit den Mitteln aus der Sozialversicherung zu
wirtschaften.
Die extrem hohe Belastung der Pflegefachpersonen und der anderen Beschäftigten mit einem Mindestlohn abzuspeisen, um sich dadurch Vorteile zu verschaffen, ist aus meiner Sicht absolut inakzeptabel. Mein Gegenvorschlag: Menschen, die in der stationären und ambulanten Langzeitpflege beschäftigt sind, verdienen im wahrsten Sinn des Wortes mehr. Ein Flächentarifvertrag sollte an den Überlegungen anknüpfen, das Lohnniveau für Pflegefachpersonen auf ein Einstiegslevel von mindestens 4.000 Euro anzuheben. Damit würde der gesamte Beruf nachhaltig, auch unter finanziellen Aspekten, attraktiver. Denn nur dann wird es gelingen, dass sich wesentlich mehr junge Menschen für den schönen, aber auch sehr fordernden Beruf entscheiden werden. Und das ist auch bitter notwendig, wenn man bedenkt, dass in den nächsten zehn Jahren circa 40 Prozent aller Berufsangehörigen das Rentenalter erreichen werden. Da kommt man mit Kleckern nicht mehr weiter, da muss jetzt richtig geklotzt werden.
Wichtiger als ein Flächentarifvertrag ist aus meiner Sicht, dass der Gesetzgeber endlich die umfassende staatliche Refinanzierung von Tariflöhnen, also auch derjenigen, die oberhalb des Lohn-Niveaus im öffentlichen Dienst liegen, sicherstellt. Hier bedarf es einer Lösung, die die Kosten letztlich nicht mehr auf die betroffenen Bewohner*innen oder Patient*innen umlegt, sondern unserer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung für alte Menschen gerecht wird.