24.06.2022
Heute findet im Bundestag eine erste Beratung der vorliegenden Gesetzesentwürfe für eine Neuregelung der Suizidbeihilfe statt. Denn nachdem das Bundesverfassungsgericht Anfang 2020 ein Verbot der geschäftsmäßigen Beihilfe aufgehoben hatte, sind viele Fragen offen. „Der Ausbau der Hospizarbeit und Palliativversorgung als wichtiger Baustein der Suizidprävention, ist der BBT-Gruppe ein Herzensanliegen“, betont Dr. Albert-Peter Rethmann, Sprecher der BBT-Geschäftsführung. Deswegen schließt sich die BBT-Gruppe dem Eckpunktepapier der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention und des Deutschen Hospiz- und Palliativverbands an, das eine gesetzliche Regelung der Suizidprävention fordert.
Heute, am
24. Juni, findet im Deutschen Bundestag die erste Beratung der aktuell
vorliegenden Gesetzesentwürfe zur Regelung des assistierten Suizids statt.
Damit kommt der Gesetzgeber dem Auftrag des Bundesverfassungsgerichts nach,
diese Frage neu zu regeln, nachdem der § 217 des Strafgesetzbuches, der im Jahr
2015 verabschiedet wurde, Anfang 2020 als verfassungswidrig eingestuft wurde.
Zur
Diskussion stehen nicht nur Entwürfe, die den Zugang von Menschen zu der
Möglichkeit eines assistierten Suizids regeln sollen. Die Forderungen richten
sich auch darauf, dass der Gesetzgeber dem zweiten Auftrag des
Bundesverfassungsgerichts nachkommt: der Förderung des Lebensschutzes. Ganz
konkret bedeutet das den Ausbau guter Hospiz- und Palliativstrukturen,
zusätzlich aber auch die Stärkung der Suizidprävention. „Wichtig ist, dass in
jedem Fall die Angebote zur Hilfe im Leben leichter und besser zugänglich sein
müssen als die Angebote, das Leben durch einen Suizid zu beenden“, fordert Dr.
Albert-Peter Rethmann, Sprecher der Geschäftsführung der BBT-Gruppe.
In
Vorbereitung auf die Beratung im Bundestag fordern mehr als 40 Institutionen
und medizinische Fachgesellschaften in einem Eckpunktepapier ein Gesetz zur
verbesserten Vorbeugung vor Selbsttötungen sowie einen weiteren Ausbau von
Hospizarbeit und Palliativversorgung. Diesem Eckpunktepapier schließt sich die
BBT-Gruppe an. Sie fordert ebenso wie die beiden großen kirchlichen
Wohlfahrtsverbände - Deutsche Caritasverband und die Diakonie - vom Gesetzgeber
entschiedene Anstrengungen zur Suizidprävention. Vor allem folgende Forderungen
sind der BBT-Gruppe wichtig:
In der
öffentlichen Wahrnehmung wird der Suizid oftmals als Freiheitsrecht angesehen. Die
dahinter stehenden Gründe - Einsamkeit, soziale Faktoren oder Erkrankungen wie beispielsweise Depressionen, Schizophrenie oder Suchterkrankungen - werden
hingegen nur sehr marginalisiert wahrgenommen. Auch die psychischen Folgen
eines (versuchten) Suizids für die Angehörigen und Freund*innen werden in der
Diskussion oftmals übersehen. Aufklärungskampagnen können dazu beitragen
Suizid, psychische Erkrankungen und soziale Vereinsamung zu entstigmatisieren
und die Öffentlichkeit für das Thema zu sensibilisieren. Nur so können alarmierende
Vorzeichen eines drohenden Suizids besser wahrgenommen werden und entsprechende
Hilfs- und Unterstützungsangebote zu Rate gezogen werden.
„Suizid darf
niemals als gleichberechtigte alternative Behandlungsmethode zur palliativen Versorgung
wahrgenommen werden. Trotzdem ist es bedauerlicherweise bereits jetzt der Fall,
dass seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus 2020 vermehrt Anfragen
an Einrichtungen der Hospizarbeit und Palliativversorgung nach einem
assistierten Suizid gestellt werden. Dies gehört nicht zu den Aufgaben im
Gesundheits- und Sozialwesen“, betont Dr. Albert-Peter Rethmann. „Wenn wir
diesen Wunsch wahrnehmen, haben wir den Anspruch, diesen Menschen mit Liebe zu
begegnen, ihre Schmerzen zu lindern und ihnen das Gefühl zu geben, dass ihr
Leben dann in Würde zu Ende geht, wenn es nicht an einem gewählten Punkt
willkürlich abgeschnitten wird", so Dr. Rethmann. Alle Bemühungen der
palliativmedizinischen und palliativ-pflegerischen Begleitung wissen sich
diesen Anliegen verpflichtet. „Wir sind überzeugt davon, dass ein großer Teil
der Befürchtungen, die letztlich in einen Suizidwunsch münden, sich auf diese
Weise mildern, wenn nicht gar auflösen lassen. Das sollten die Mitglieder des
Bundestags bedenken.“ Deswegen sei der im Eckpunktepapier geforderte Ausbau der
Hospizarbeit und Palliativversorgung, als wichtiger Baustein der
Suizidprävention, der BBT-Gruppe auch ein Herzensanliegen.
Den Akteuren
im Gesundheitswesen kommt eine wichtige Rolle in der Suizidprävention zu, denn
vielfältige Risikofaktoren sind bekannt und untersucht: Psychische Erkrankungen
sowie körperliche Erkrankungen, aber auch soziale Faktoren. „Da es sich um eine
sehr große Bandbreite an Faktoren handelt, sind regelmäßige Schulungen und
Weiterbildungen von Mitarbeitenden im Gesundheits- und Sozialwesen unabdingbar.
Studien belegen ein Sinken der Suizidrate, wenn Mitarbeitende regelmäßig geschult
werden“, gibt Dr. Rethmann zu bedenken.
„Wir können
nur an die Verantwortlichen appellieren, sich nicht nur mit der Ermöglichung
des assistieren Suizids zu beschäftigen, sondern vor allem der Prävention und
dem Aufbau der palliativen Versorgung bei der Debatte im Bundestag ausreichend
Raum zu geben. Niemand sollte sich für einen Suizid entscheiden, obwohl man ihm
auf anderem Wege hätte helfen können“, sagt Dr. Rethmann. Gleichzeitig fordert
er alle Verantwortungsträger in der Gesundheits- und Sozialpolitik auf, die
palliative Versorgung von Menschen auf solide wirtschaftliche Füße zu stellen.
Denn durch eine solche Versorgung werde dem menschlichen Leben an seinem Ende
die Würde zuteil, die nach dem Grundgesetz ein unantastbares Gut des Menschen
ist.