24.11.2021
Zusammen mit dem Fachausschuss Ethik der BBT-Gruppe veröffentlichte die BBT-Geschäftsführung ein Statement zur aktuellen Lage der Pandemie und greift darin Fragestellungen rund um den Umgang mit ungeimpften Personen auf.
Die
Corona-Lage hat wieder an Dynamik gewonnen. Sie weckt Erinnerungen an den
Winter im vergangenen Jahr und wirft den Wunsch nach Normalität sowie die Frage
auf, wie lange wir das Ganze noch ertragen müssen.
Die Pandemie geht über diesen Wunsch
nach Normalität hinweg und verlangt uns allen ab, wieder mit Einschränkungen zu
leben und zu arbeiten. Viele Mitarbeitende unserer Einrichtungen kommen an ihre
Grenzen und erleben sowohl beruflich als auch privat eine Diskussion über die
Corona-Impfung und den Umgang mit Ungeimpften, die die Gesellschaft
polarisiert.
Was dies für uns als Dienstgemeinschaft bedeutet, haben wir mit Unterstützung des Fachausschuss Ethik der BBT-Gruppe in den folgenden Überlegungen zusammengefasst:
In den vergangenen Tagen hat das Geschehen der Pandemie rasant an Dynamik gewonnen. Die Erinnerungen an den Herbst des vergangenen Jahres werden bei vielen wach und die Frage ist dabei oft: Wie lange halten wir das noch durch? Wie lange müssen wir das noch ertragen? Der Wunsch nach Normalität ist stark und er ist verständlich.
Die Pandemie geht über diesen Wunsch nach Normalität hinweg und verlangt uns allen ab, wieder mit Einschränkungen zu leben und zu arbeiten. In unseren Einrichtungen kommen viele Mitarbeitende an ihre Grenzen. Sie erleben gleichzeitig eine Diskussion, in der die Gesellschaft und oft auch die Belegschaften von Einrichtungen polarisiert werden: Wer ist geimpft? Wer ist ungeimpft? Ein Freedom-Day für alle? Sollen Menschen, die sich nicht impfen lassen, das nicht auch im Alltag stärker spüren? Warum gibt es immer noch keine Impf- Pflicht? Leben wir in einer „Tyrannei der Ungeimpften?“ Es gibt, wie immer in dieser Pandemie, viele Stimmungen und niemanden, der den Masterplan für alle Situationen aus der Tasche ziehen kann. Uns als Geschäftsführung ist es wichtig, in dieser Situation einige Hinweise zu geben.
Uns ist klar, dass die Herausforderung auch aus menschlicher Sicht enorm ist. Patient*innen, Bewohner*innen oder Klient*innen, die nicht geimpft sind, erkranken eher und schwerer an Covid-19, als geimpfte Menschen. Dieser Tatsache kann nicht widersprochen werden. Leicht kann es hier zu Unmut kommen. Die Überlastung in vielen Krankenhäusern und Sozialeinrichtungen zeichnet sich ab. Klar ist aber auch: Niemals darf jemandem eine lebensrettende oder erforderliche Behandlung vorenthalten werden, der nicht geimpft ist. Unsere Einrichtungen bewerten Verhalten nicht moralisch, sondern helfen Menschen in ihrer Not. Professionalität und Fürsorge erhalten alle Menschen in gleicher Weise. In dem, was medizinisch notwendig ist, machen wir keine Unterschiede aufgrund des Alters, der sozialen Herkunft oder anderer Kriterien, die nicht medizinisch begründet sind. Ebenso können und dürfen wir, wenn Patient*innen, Bewohner*innen oder Klient*innen behandelt werden müssen, sie nicht danach unterscheiden, ob sie das Risiko für eine Erkrankung aus eigener Verantwortung selbst erhöht haben oder nicht. In einer akuten Notlage darf daher auch nicht zwischen geimpften und ungeimpften Menschen unterschieden werden.
Auch wenn wir ethisch zur Gleichbehandlung aller Patient*innen, Bewohner*innen und Klient*innen verpflichtet sind, ist es doch ohne Frage verständlich, dass es Unmut gibt. Jemand hat ein Wort erfunden, das für diesen Herbst treffend ist: „mütend“. Genau diese Mischung von „müde“ und „wütend“ stellen viele bei sich und anderen fest. Die Wut richtet sich dabei auf die Pandemie, auf Behörden, auf die Regierung, aber auch auf das Umfeld, in dem Menschen teilweise mit Vehemenz ihre Freiheit verteidigen, sich nicht impfen zu lassen. Dieses Gefühl, überlastet und frustriert zu sein, braucht Raum. In allen Einrichtungen muss dafür gesorgt werden, dass es die Möglichkeit gibt, darüber zu sprechen. Kollegial, fair und unterstützend. Nutzen Sie die Räume für diesen Austausch, auch für das Klagen und auch für Wut. Und unterstützen Sie einander durch Zuhören, auch wenn Sie derzeit nichts anderes anbieten können als Ihr Ohr und Ihr Verständnis.
Auch wenn es richtig erfreulich ist, dass so viele Menschen in unseren Einrichtungen geimpft sind und die Impfquote sehr viel höher ist als im Durchschnitt, gibt es auch einzelne Kolleg*innen, die für sich die Entscheidung getroffen haben, sich (noch) nicht gegen Covid-19 impfen zu lassen. Einige von denen treffen ihre Entscheidung aus Gründen, die wir gegebenenfalls nicht teilen, andere wiederum lassen sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen. Das erschwert das Arbeiten. Zusätzliche Tests und Sicherheitsvorkehrungen machen Abläufe umständlicher. In diesem Zusammenhang ist wichtig: Es soll in unseren Einrichtungen kein unverhältnismäßiger Druck auf Menschen ausgeübt werden, damit sie sich am Ende vielleicht doch impfen lassen. Die Erfahrung zeigt, dass das eher zu noch größerer Ablehnung führt. Zusätzlich ist klar, dass, solange es keine gesetzliche Verpflichtung zur Impfung für bestimmte Berufsgruppen gibt, auch arbeitsrechtliche Sanktionen grundsätzlich ausgeschlossen sind.
Letztlich geht es um eine Frage unseres Zusammenhalts. Ausgrenzung oder Spaltung innerhalb der Mitarbeitenden sind nicht der Stil unserer Zusammenarbeit. Wir setzen vielmehr auf Überzeugung. Das verlangt geduldige und beharrliche Arbeit.
Dabei ist es immer wichtig, nicht zu polarisieren, zu moralisieren und dadurch eine Spaltung unter den Mitarbeitenden eher zu befördern. Es geht um die ausgewogene Darstellung von Vernunftargumenten und Appell. Das erfordert Fingerspitzengefühl und Geduld. Der Schutz vor der Pandemie ist nicht teilbar – er kann uns nur als Gemeinschaft gelingen.
Hier finden Sie das Positionspapier der Geschäftsführung zum Download: