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Sehnsucht nach Hoffnung: Wie eine Klinikseelsorgerin die Pandemie erlebt

Gaby Kniesburges ist niemand, der die Hände in den Schoß legt und abwartet. Wie hat sich ihre Arbeit im St.-Marien-Hospital Marsberg seit Beginn der Pandemie verändert? Wieviel Abstand lässt Seelsorge zu? Hat sie Neues ausprobiert? Und vor allem: Verändert diese besondere Zeit unseren Glauben?

„Am Anfang der Pandemie war ich viel für die Ärzte und Pflegkräfte im Haus da“, blickt Gaby Kniesburges auf die Zeit vor fast einem Jahr zurück. Für die Kollegen sei die Situation sehr belastend gewesen: Fast täglich änderten sich die Regeln. Dann die Sorge um die eigene Familie – trage ich das Virus womöglich nach Hause? Wer kümmert sich um meine Kinder und die Eltern? Dabei die Versorgung der Kranken, eingehüllt in Schutzkleidung. All das zehrt an den Kräften.

„Pflegepersonal und Ärzte sind mehrfach belastet und sie müssen bei alldem ‚funktionieren‘. Mit dieser Situation geht jeder anders um“, erzählt sie. Viele waren sehr dankbar, dass Gaby Kniesburges einfach nur zugehört hat, fühlten sich mit ihren Fragen, ihren Ängsten, ihrer Wut ernst genommen.

Seit fünf Jahren ist Gaby Kniesburges, die ausgebildete Trauerbegleiterin ist, am St.-Marien-Hospital Marsberg mit einer halben Stelle als Klinikseelsorgerin tätig. Außerdem leitet sie das Projekt „Ehrenamtliche in der Klinikseelsorge“ im Erzbistum Paderborn. Zu den Patienten auf die Covid-Station darf die Klinikseelsorgerin bis heute nicht. „Das treibt mich sehr um. Ich weiß von meinen Kollegen an anderen Kliniken, dass das auch anders gehandhabt wird – aber es ist ja auch zu meinem Schutz“, schiebt sie nach. Das klingt einsichtig. Aber man spürt doch, dass ihr Herz gerne einen anderen Weg gehen würde. Warum lange hadern? Dafür ist die 54-Jährige viel zu pragmatisch.

Mit der Gitarre und einem Sinntext schickte sie im ersten Lockdown aus der Krankenhauskapelle jeden Tag einen kurzen Impuls und ein Abendlob über den Hauskanal in die Patientenzimmer. Auch die Weihnachtsbotschaft sendete sie so auf die Stationen. In der Stille der Kapelle waren nur die Klinikseelsorgerin und der Organist. Sie sang allein und zupfte „Stille Nacht“ auf der Gitarre. „Das war sehr feierlich – auch wenn es ganz anders war als sonst“, erzählt sie von diesem „Corona-Weihnachten“.

Die Pandemie ist heute nicht mehr das bestimmende Thema in den Gesprächen mit den Patienten. Es steht wieder mehr die individuelle Erkrankung im Vordergrund. Klar, die Maske ist oft hinderlich – auch für Gaby Kniesburges. Das feine Zusammenspiel aus Mimik und Gestik, den Worten und der Stimmlage funktioniert nicht mehr. Der Mund, der lächelt, ist hinter einem Stückchen Vlies nur schwer auszumachen. Auch eine Hand zu halten oder die Berührung an der Schulter sind unmöglich. „Das erschwert meine Arbeit sehr“, erzählt die Seelsorgerin.

Abstandhalten gilt auch beim Abschiednehmen. Liegt ein Patient im Sterben, durften von Anfang an die Angehörigen kommen – aber natürlich immer mit Maske. „Man konnte nie über die Wange streichen, die Hand drücken, das ganze Gesicht zeigen. All das beeinträchtigt sehr, wie man trauert“, ist die 54Jährige überzeugt.

„Im Krankenhaus denken wir an das Leben und an das Sterben“, sagt Gaby Kniesburges. Ein schwarzer Kieselstein erinnert an jeden verstorbenen Patienten. Nachdem im April die gewohnte Andacht ausgefallen war, wurden im Oktober die Familien eingeladen. Von mehr als 60 Verstorbenen seien die Angehörigen da gewesen, erzählt sie und erinnert sich: „Eine Tochter reiste sogar 30 Kilometer mit dem Taxi an.“

Ihre Aufgaben schenken Gaby Kniesburges Energie - selbst in diesem außergewöhnlichen Jahr. Ob die Menschen nun neue Erfahrungen in ihrem Glauben machen? Gaby Kniesburges holt ein wenig aus, um diese Frage zu beantworten: „Niemand, mit dem ich gesprochen habe, empfand die Pandemie als ‚Strafe Gottes‘, sondern es ist vielmehr die Hoffnung da, dass Gott in dieser Zeit hilft.“

Die Sehnsucht nach Hoffnung und Gott als den Hoffnungsgeber spürt die Seelsorgerin bei den Menschen. „Wem Glaube und Gott im Leben bislang wichtig waren, den trägt das auch jetzt. Wer es im Alltag verloren hat, für den ist der Glaube wieder ein Licht geworden.“ Ein Licht wird Gaby Kniesburges bald entzünden, wenn sie abermals allein in der Krankenhauskapelle den Ostergottesdienst feiern wird: „Dieses Licht, das uns durch die Auferstehung geschenkt wird, macht uns Mut. Mut für so Vieles und auch dafür, dass wir durch diese Pandemie hindurch kommen werden.“

Gaby Kniesburges ist seit fünf Jahren Klinikseelsorgerin im St.-Marien-Hospital in Marsberg.
Gaby Kniesburges ist seit fünf Jahren Klinikseelsorgerin im St.-Marien-Hospital in Marsberg.
 
 

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