20.01.2021 | Gemeinschaftskrankenhaus Bonn
Die Anlage von dauerhaften Dialyse-Zugängen (Shunts) gehört zu den Spezialgebieten der Gefäßchirurgie (Chefarzt: Dr. Jürgen Remig) am Gemeinschaftskrankenhaus Bonn. Nach Durchlauf des Zertifizierungsverfahrens des Instituts ClarCert erhielt sie das Zertifikat „Interdisziplinäres Shunt-Referenzzentrum“. Leiter ist Oberarzt Dr. Jens Rudolph.
Wichtigste Kriterien für die Zertifizierung waren das hohe medizinische Niveau, die Erfahrung des Teams, und die standardisierten Abläufe in der interdisziplinären Kooperation mit der Radiologie im Hause (Chefarzt: Priv.-Doz. Dr. Jochen Textor) und der Nephrologie (Schwerpunktpraxis Priv.-Doz. Dr. Karl August Brensing). Damit zählt die Gefäßchirurgie am Gemeinschaftskrankenhaus zu den 17 Interdisziplinären Shunt-Referenzzentren in Deutschland und ist das vierte im Rheinland.
Um ein geeignetes Blutgefäß zu erhalten, das leicht mit Dialysenadeln zu punktieren ist und große Blutmengen (mindestens 500 ml pro Minute) transportieren kann, schafft Dr. Jens Rudolph, stellvertretender Leiter der Abteilung für Gefäßchirurgie, in der Regel am Unterarm eine „Kurzschlussverbindung“ (Shunt) zwischen einer Arterie und einer oberflächlich dazu verlaufenden Vene. Dort steigt der Blutfluss dann stark an, und bei der Vene nehmen Durchmesser und Wandstärke zu, so dass sie sich zu einem größeren Gefäß entwickelt.
Die Operation erfordert viel Erfahrung, zumal gerade Patienten mit Niereninsuffizienz meist schwer und mehrfach erkrankt sind und geschädigte Gefäße haben. Dr. Rudolph: „Die Herausforderung besteht darin, bei den oft schwierigen Gefäßsituationen für jeden Patienten eine individuelle Lösung zu finden und Komplikationen zu vermeiden.“
Für jeden Patienten die passende Lösung
Vor der Operation kommt der Patient in die Spezialsprechstunde für Dialyseshunts und wird per Ultraschall untersucht. Bleiben dabei Fragen offen, wird eine Gefäßdarstellung mittels Röntgen durchgeführt. Dabei wird nicht das „normale“ Kontrastmittel verwendet – da nierenschädlich –, sondern Kohlendioxid. Es entsteht eine Gefäßkarte von beiden Armen, mit deren Hilfe geeignete Venen identifiziert werden. Ist dies nicht möglich, bleibt als Alternative der Einbau einer Gefäßprothese aus feinem, weichem Kunststoff. Sind die Gefäße des Patienten auch dafür nicht geeignet, wird ein Dialysekatheter direkt in große, zentral gelegene Venen am Hals oder unter dem Schlüsselbein im Herzvorhof platziert (Demerskatheter). Dr. Rudolph: „Das ist die Notlösung, denn der Katheter ist infektanfällig und verändert die Gefäße.“
In intensiver Zusammenarbeit mit großen Dialysepraxen führt die gefäßchirurgische Abteilung über 200 Shuntoperationen pro Jahr durch, neben Erstanlagen auch Korrekturen von Gefäßzugängen. Dazu gibt es ein umfassendes Therapieangebot, das durch die Zusammenarbeit mit den Radiologen im Haus sichergestellt wird.
Das Zertifizierungssystem „Interdisziplinäre Zentren für Dialysezugänge“ wurde vor dem Hintergrund einer stetig wachsenden Anzahl von Dialysepatienten mit dem begleitend hohen Bedarf an Erstanlagen und Korrekturen von Gefäßzugängen zur Hämodialyse sowie der zunehmenden Komorbiditäten dieser Patienten von vier medizinischen Fachgesellschaften gegründet.