29.01.2021 | Das Caritas Bad Mergentheim
Impfen lassen gegen Corona oder nicht? Diese Frage stellen sich zurzeit auch viele Tumorpatienten. Dr. Edgar Hartung, Leiter des Onkologischen Zentrums Tauberfranken im Caritas-Krankenhaus, empfiehlt die Impfung gegen das Corona-Virus den Patienteninnen und Patienten mit Krebserkrankungen.
„Tumorpatienten sind oft besonders anfällig für Infektionen, da einerseits die jeweilige Tumorerkrankung aber andererseits auch viele Krebsmedikamente das Immunsystem schwächen. Kommt es zur einer COVID-19-Erkrankung, ist das Risiko für Krebspatienten höher, an der Krankheit zu sterben“, betont der Facharzt für Innere Medizin, Gastroenterologie, Hämatologie-Onkologie und Palliativmedizin. „Nach allem, was wir bisher wissen überwiegt also der Nutzen der Impfung die möglichen Risiken – und dies gilt auch und gerade für Menschen mit Krebserkrankungen.“ In diesem Zusammenhang verweist Dr. Hartung auf die Informationen des Robert-Koch-Instituts und der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO), die eine Impfung für Tumorpatienten ebenfalls befürworten.
Impfung auch für Patienten vor, während und nach Chemotherapie
„Dies gilt
insbesondere bei aktiver Erkrankung und für Patienten vor, während oder nach einer
Chemo- und/oder Antikörpertherapie“, so Dr. Hartung. Noch offen ist, ob
Patienten mit einem geschwächten Immunsystem schlechter auf die Impfung
ansprechen. „Hierzu gibt es bislang noch keine Studien.“ Speziell könnten vor
allem Patienten unter einer Therapie mit Anti-CD20-Antikörpern wie zum Beispiel
Rituximab und Obinutuzumab und Patienten nach einer Stammzelltransplantation
betroffen sein, da hier gerade die Zellen, die mit Antikörperbildung reagieren
sollen, reduziert werden. „Möglicherweise kann es deshalb in diesen besonderen
Situationen sinnvoll sein, mit der Impfung drei bis sechs Monate nach der
letzten Antikörpergabe bzw. nach der Stammzelltransplantation zu warten. Auf
jeden Fall sollten die Patienten den besten Zeitpunkt für die Impfung mit Ihrem
behandelnden Arzt abstimmen“, empfiehlt Dr. Hartung.
Risiko, an Covid-19 zu erkranken, wird
um mehr als 90 Prozent reduziert
Die beiden
bisher in Deutschland zugelassenen Impfstoffe von BioNTech/Pfizer (Comirnaty®)
und Moderna basieren auf einer neuen Technologie (RNA-Impfstoffe). Dabei wird
nur die genetische Teil-Information (Bauplan) des Virus, nämlich des „Stachels“
(Spike) gespritzt. Dies regt das Immunsystem zur Bildung von Abwehrstoffen
(Antikörpern) an. Ein Übergang bzw. Einbauen in das menschliche Genom
(Erbgut/DNA) ist nicht zu befürchten. Die Impfung reduziert so das Risiko an
Covid-19 zu erkranken um ca. 95%. Dies wurde in Studien an mehrere zehntausend
Menschen belegt. Die Verträglichkeit der jetzt zugelassenen Impfstoffe ist nach
den Worten von Dr. Hartung gut und absolut vergleichbar mit der anderer seit langem
durchgeführter Impfungen. „Auch das RKI geht davon aus, dass die Sicherheit des
Impfstoffs bei immunsupprimierten Patienten nicht reduziert ist.“
Übliche Nebenwirkungen
Inzwischen
wurden die beiden Impfstoffe weltweit mehr als 20 Millionen Menschen geimpft,
ohne dass es zu schwerwiegenden unerwünschten Nebenwirkungen gekommen ist, die
auf den Impfstoff zurückzuführen sind. Wie bei Impfungen üblich – treten bei
vielen Patienten Schmerzen an der Injektionsstelle auf. Im Laufe der nächsten
24-48 Stunden kann es zu einer in der Regel nur kurz anhaltenden Impfreaktion
in Form von Müdigkeit (Fatigue), Kopfschmerzen und seltener auch Fieber kommen.
Über mögliche Langzeitnebenwirkungen allerdings ist wegen der noch sehr kurzen
Nachbeobachtungszeit bisher nichts bekannt. Unklar ist zurzeit auch noch wie
lange der Impfschutz anhält.
Weiterhin AHA-Regeln einhalten
„Da der
Impfschutz nicht hundertprozentig ist und vielleicht bei Krebspatienten sogar
weiter abgeschwächt sein könnte, ist es unbedingt erforderlich, dass die
empfohlenen Schutzmaßnahmenweiterhin beachtet werden – also Abstand
halten, Maske tragen, Händedesinfektion“, empfiehlt der Onkologe.
Besonders wichtig ist die Impfung für folgende Patientengruppen:
- Patienten mit bösartigen hämatologischen Erkrankungen, insbesondere mit:
- Patienten mit fortgeschrittenen soliden Tumoren, deren Erkrankung nicht in Remission ist oder deren Remissionsdauer < 5 Jahre beträgt.
- Patienten unter aktueller systemischer Therapie (ausgenommen Patienten mit ausschließlich antihormoneller Monotherapie).