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Wie wir COVID-19 Patienten behandeln

Im Frühjahr konnten Mediziner und Pflegekräfte Erfahrungen mit dem neuartigen Corona-Virus sammeln und einiges über den Verlauf der Infektion lernen. Das liefert auch wichtige Erkenntnisse für die Therapie, sagt Pneumologe Privatdozent Dr. Mathias Borst, Chefarzt am Caritas-Krankenhaus.

Privatdozent Dr. Mathias Borst, Chefarzt der Medizinischen Klinik 1, Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Pneumologie, Intensivmedizin am Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim.
Privatdozent Dr. Mathias Borst, Chefarzt der Medizinischen Klinik 1, Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Pneumologie, Intensivmedizin am Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim.

Herr Dr. Borst, was ist heute anders in der Behandlung von COVID-19 als noch im Frühjahr?

Insgesamt wissen wir heute mehr über die Erkrankung und sind daher besser vorbereitet. Wir können auf den Erfahrungen des Frühjahrs aufbauen und haben inzwischen einiges bei der Behandlung der COVID-19-Patienten dazugelernt. Wir wissen, dass es Medikamente ohne Wirkung gibt, die im Frühjahr noch propagiert wurden, und dass es andere gibt, die bei mittelschweren Fällen, also wenn Sauerstoff gegeben werden muss, hilfreich sind.

Welche Medikamente kommen inzwischen zum Einsatz?

Grundsätzlich muss man festhalten, dass es keine Medikamente gibt, die die Coronaviren im Körper unschädlich machen. Es gibt nur Medikamente, die die Ausbreitung im Körper verlangsamen und im besten Fall stoppen können. Und es gibt Medikamente, die gegen die Symptome und Begleiterscheinungen wirken. Die Behandlung mit dem Virusmittel Remdesivir kann in der Frühphase einer mittelschweren oder schweren Infektion über fünf Tage hilfreich sein. Studien legen dies nahe, aber mit letzter Sicherheit wissen wir das noch nicht. Bei Patienten mit schweren Verläufen hat sich die Gabe des Kortison-Präparats Dexamethason als lebensverlängernd erwiesen. Es wirkt entzündungshemmend und dämpft die mitunter auftretende überschießende Immunantwort des Körpers, die zu Entzündungsreaktionen in verschiedenen Organen führen kann.

Es wird auch davon gesprochen, dass Antikörper genesener Patienten zur Therapie genutzt werden könnten.

Wir vermeiden es, Medikamente oder Therapieverfahren einzusetzen, die nicht wirklich gut wissenschaftlich begründet sind. So ist die Studienlage zur Wirksamkeit von künstlich hergestellten oder auch aus dem Blut von genesenen COVID-19-Patienten gewonnenen Antikörpern gegen SARS-CoV-2 noch uneinheitlich und nicht belastbar.

Wie steht es um die Beatmung der Patienten?

Das wichtigste Medikament ist natürlich der Sauerstoff. In der Intensivmedizin haben wir auf der Basis bewährter Beatmungsprotokolle für die Behandlung des Lungenversagens ein Stufenkonzept definiert. Es beginnt bei der einfachen Sauerstoffgabe, geht weiter über eine spezielle Sauerstoffzuführung durch hohe Luftströme und über die Maskenbeatmung bis hin zur invasiven Beatmung über einen Schlauch in der Luftröhre. Für die Nutzung der Bauchlagerung und die Unterstützung von Kreislauf und Nierenfunktion haben wir unsere Behandlungsprotokolle noch besser abgestimmt. Wir arbeiten außerdem eng mit dem Universitätsklinikum Würzburg zusammen, wenn es um die Versorgung mittels Herz-Lungen-Maschine (ECMO) geht.

Ähnlich wie wir es schon von Virus-bedingten Lungenentzündungen in früheren Jahren, zum Beispiel während schwerer Grippewellen, erlebt haben, müssen viele COVID-19-Patienten relativ lange maschinell beatmet werden, auch dann, wenn die Viren schon längst nicht mehr nachweisbar sind.

Es hat sich sehr viel mehr Routine eingestellt, wir können ruhiger und konzentrierter arbeiten. Wir wissen heute besser, wie wir mit der Erkrankung umgehen müssen, wie wir die Patienten, die Angehörigen und uns selbst schützen. Auf ärztlicher Ebene arbeiten wir über die Grenzen von Abteilungen hinweg eng zusammen und haben unsere Abläufe angepasst.

Das Virus greift außer der Lunge auch andere Organe an. Was heißt das für Ihre Behandlung?

Wir achten heute noch mehr auf Störungen anderer Organfunktionen. So kann es auch zu Störungen der Blutgerinnung kommen, das heißt sowohl zu Thrombosen als auch zu Blutungen sowie zu Störungen der Nierenfunktion und des Herzens. Hier können wir bei den Patienten rechtzeitig gezielte Therapiemaßnahmen einleiten.

Keine Behandlung ohne Pflegekräfte

Die Pflegenden leisten sehr viel in der direkten Versorgung der Corona-Patienten auf den Intensivstationen. Viele andere Pflegepersonen kümmern sich auf Normalstation um Corona-Patienten, die vielleicht nicht so schwer erkrankt sind, bei denen aber die Einhaltung der äußerst aufwändigen Isolierungs- und Schutzmaßnahmen enorm viel Zeit kostet. Das beginnt schon in der Notaufnahme. Und es betrifft auch das Personal in vielen anderen Berufsgruppen, für die die Hygienevorschriften eine Erschwernis ihrer Arbeit bedeutet. Durch den Umgang mit anderen Infektionskrankheiten im Klinikalltag sind es alle seit Jahren gewohnt, unter korrekten hygienischen Bedingungen zu arbeiten.

Hat sich die Krankheit in den vergangenen Monaten verändert, sehen Sie andere Symptome?

Die Symptome sind die gleichen wie im Frühjahr und doch sehr verschieden. Dazu gehören Fieber, oft trockener Husten, Halsschmerzen und Abgeschlagenheit. Manche Patienten haben gar keine Symptome, manche die einer leichten Erkältung oder eines „grippalen Infektes“, andere sind bereits ziemlich krank, wenn sie zu uns kommen. Typisch ist, dass am Anfang oft nur eine relativ harmlos wirkende Krankheitsphase besteht, und nach zehn bis 14 Tagen kommt es zu einer raschen Verschlechterung.

Im Frühjahr hatten besonders ältere Menschen einen schweren Krankheitsverlauf. Wie sieht das aktuell aus?

Die Statistik zeigt, dass weiterhin die Risikogruppen, also insbesondere ältere und vorerkrankte Menschen, betroffen sind. Wir sehen aber durchaus auch jüngere Patienten, die sehr schwer und auch tödlich erkranken.

Welche gesundheitlichen Folgen und Einschränkungen ergeben sich für die Patienten?

Das Spektrum der Nachwirkungen ist sehr breit. Manche Patienten haben gar keine Probleme mehr, bei anderen gibt es anhaltende Schwierigkeiten mit der Atmung, allgemeine Schwäche oder auch Nervenschwäche oder ein anhaltendes Krankheitsgefühl. Man darf den Patienten aber nicht einreden, dass sie nach einer schweren COVID-19-Erkrankung unweigerlich auf Dauer geschädigt und krank sein werden. Dieses ist sicherlich nicht der Fall. Nach einer sehr schweren Virusinfektion, und das kann auch eine Influenza oder ein Pfeiffer'sches Drüsenfieber sein, sind viele Betroffene noch für eine ganze Weile angeschlagen. Das ist durchaus normal. Normal ist es auch, dass zum Beispiel für einige Wochen ein Hustenreiz verbleibt. Auch das lässt sich aber gut behandeln. Im Einzelfall können auch dauerhafte Probleme bestehen bleiben, die man dann aber auch konkret dingfest machen, das heißt diagnostizieren muss, um sie gut behandeln zu können.

Was gilt für Patienten beim Betreten des Krankenhauses?

Seit dem Frühjahr wird jeder Patient, der stationär aufgenommen wird, auf das Corona-Virus SARS-CoV2- getestet. Bei geplanten Aufnahmen passiert das im Vorfeld, im Notfall bei der Aufnahme selbst. Patienten mit Symptomen werden auf speziell dafür ausgewiesenen Zimmern isoliert, bis das Testergebnis vorliegt. Seit kurzem kommen auch Antigen-Schnelltests zum Einsatz – sowohl für Patienten wie für das Personal in den besonders betroffenen Bereichen. Außerdem gelten besondere Besuchsregelungen. Jeder Patient darf nur einen Besuch am Tag bekommen. All diese Schutzmaßnahmen müssen zusätzlich organisiert und personell geleistet werden. Zum Glück haben die meisten Patienten und ihre Angehörigen viel Verständnis für diese Maßnahmen.

Wie viele COVID-19-Patienten haben Sie seit Beginn der Krise bis heute im Caritas versorgt?

Wir haben seit dem Frühjahr mehr als 100 bestätigte COVID-19-Patienten behandelt. Dazu viele Patienten mit Verdacht auf eine Corona-Infektion, die ebenfalls isoliert unter strengen Hygienevorgaben versorgt werden. In der ersten Phase wurden 22 Patienten beatmet, in der jetzigen Welle sind es aktuell 5 bis 6.

Abläufe werden immer neu angepasst

Organisationsregelungen, die immer wieder an die aktuelle Situation angepasst werden müssen, werden im Caritas-Krankenhaus von einem COVID-Team, welches alle Berufsgruppen umfasst, regelmäßig besprochen und im Konsens festgelegt. Dadurch wird ein guter Rahmen vorgegeben, in dem sich alle bewegen. Denn die Versorgung aller anderen Patienten geht weiter.

 
 

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