20.05.2020 | Brüderkrankenhaus Trier
Behandlung und Pflege von Covid-19-Patienten bedeuten für alle Beteiligten eine enorme Herausforderung. Die besonderen Rahmenbedingungen dieser Erkrankung erhöhen die Belastungen für Ärzte und Pflegende. Die Ungewissheit über den individuellen Krankheitsverlauf und das Wissen um dessen potenziell tödlichen Ausgang bringt Angehörige an psychische Belastungsgrenzen. Mit dem Krisen- und Ressourceninterventionsteam (KIT) wurden im Corona-Gemeinschaftskrankenhaus von Beginn an Strukturen geschaffen, um professionelle psychologische Begleitung anbieten zu können.
Petra Fröhlich sucht das
Gespräch, erläutert ihre Arbeit und macht auf das Angebot von KIT aufmerksam. Die Diplom-Psychologin und
gelernte Krankenschwester hat an diesem Morgen Dienst auf der Intensivstation
des Corona-Gemeinschaftskrankenhauses im Norden Triers. Sie fällt nicht weiter
auf unter Ärzten und Pflegenden, trägt Petra Fröhlich doch die hier übliche
blaue Bereichskleidung. Die Mitarbeiterin des Fachpsychologischen Zentrums im
Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Trier ist so auch sichtbar Teil eines großen
Teams.
Der Einsatz auf einer
Intensivstation verlangt Ärzten und Pflegenden alles ab, doch bedeutet die
Behandlung von an Covid-19 erkrankten Menschen für sie auch Neuland. Mehr noch
stellt die Therapie auf einer Intensivstation für Patienten und deren Angehörige,
die infolge eines absoluten Besuchsverbots keinen Zugang zum
Corona-Gemeinschaftskrankenhaus haben, eine psychische Stresssituation dar.
"Wir wissen, dass rund 25 Prozent der intensivmedizinisch behandelten Patienten
psychische Probleme entwickeln, die von Ängsten über Depressionen bis hin zur
Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) reichen können", erläutert Petra
Fröhlich, die schon als staatlich examinierte Krankenschwester auf
Intensivstationen tätig war.
Nun zählt sie zum Krisen-
und Ressourceninterventionsteam (KIT) im Corona-Gemeinschaftskrankenhaus,
gemeinsam mit acht weiteren PsychologInnen. Wie in den gemischten Ärzte- und
Pflegeteams arbeiten das Klinikum Mutterhaus der Borromäerinnen und das
Brüderkrankenhaus auch auf diesem Gebiet eng zusammen, gemeinschaftlich setzt
man damit auch Handlungsempfehlungen der Deutschen Interdisziplinären
Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin, kurz DIVI, um. Die hatte die
Krankenhäuser bundesweit zum Aufbau einer "klinischen psychosozialen Notfallversorgung
im Rahmen von Covid-19" geraten. Die Begründung: In der Pandemie könnten
"Behandlungs- und Betreuungssituationen von Patienten, Angehörigen sowie
Professionellen im Gesundheitswesen psychisch belastend, sogar traumatisierend
erlebt werden und kurz- und langfristig zur Ausbildung psychischer
Belastungsfolgen führen."
Viele der Patienten, die
wieder auf Normalstation verlegt und später entlassen werden, haben nur
bruchstückhafte Erinnerungen an ihren Aufenthalt auf der Intensivstation. Das
liegt auf der Hand, da an Covid-19 erkrankte Patienten mit schwerem
Krankheitsverlauf ins künstliche Koma versetzt werden, um so eine
Beatmungstherapie zu ermöglichen. Die Patienten haben an die Zeit an diese Zeit
nur wenige oder verschwommene Erinnerungen und können meist für sie belastende
Ereignisse nicht mehr einordnen, weiß Petra Fröhlich und nennt ein Beispiel:
"Manchmal reicht ein bestimmter Piep-Ton oder einfach die Geräuschkulisse, um
Ängste bis hin zu Panikattacken auszulösen."
Hier setzt das "Intensivtagebuch"
an: Dabei dokumentieren die Pflegenden in wenigen Sätzen, wie es dem Patienten
an einem Tag erging und welche besonderen Vorkommnisse es gab. Geht es dem
Erkrankten besser und hat er das Krankenhaus womöglich schon verlassen, hilft
ihm dieses Intensivtagebuch weiter, das Geschehene und doch nicht bewusst
Erlebte zu rekonstruieren und zu verarbeiten. Auch die Angehörigen bekommen auf
Wunsch ein Exemplar, in dem sie sowohl das Tagesgeschehen als auch ihre Sorgen
und Ängste festhalten können.
Es ist nur ein Beispiel,
wie Patienten und deren Angehörigen in dieser schwierigen Phase geholfen werden
kann. Und auch die Mitarbeitenden auf Station wissen, dass sie bei psychisch
belastenden Erfahrungen auf professionelle Unterstützung bauen und sich
telefonisch oder persönlich an die Fachpsychologen beider Häuser wenden können.
So gibt es beispielsweise für das Intensivteam feste Telefon- und
Gesprächszeiten, berichtet Anna Sequeira, die KIT-Organisatorin und eine der
leitenden Psychotherapeutinnen des Klinikums Mutterhaus der Borromäerinnen;
"Das wird angenommen, und bei Bedarf bieten wir auch Entspannung an." Dr. rer.
nat. Birgit Albs, Leiterin des Fachpsychologischen Zentrums im
Brüderkrankenhaus ergänzt: "Wenn erforderlich gewährleisten wir auch eine
ambulante Nachsorge der Mitarbeiter."
"Wir hoffen, dass wir
wenig gebraucht werden, aber wir sind gut vorbereitet", sagt Petra Fröhlich.
Und Dr. Birgit Albs freut sich: "Das
menschlich und fachlich sehr gute Miteinander der psychologischen
Kolleginnen und Kollegen beider Häuser sowie die kollegial abgestimmte
multidisziplinäre Betreuung der Covidpatienten hier in Trier sind etwas
Besonderes".