03.11.2022 | Brüderkrankenhaus St. Josef Paderborn
Mit dem Pflegebonus will die Bundesregierung den Einsatz der Pflegefachkräfte während der Pandemie würdigen − doch nur bestimme Pflegekräfte werden diesen bekommen. Für die Mitarbeitervertretungen (MAV) der St. Vincenz-Kliniken und des Brüderkrankenhauses St. Josef in Paderborn eine Farce: Alle Pflegenden sind und waren einer sehr hohen Belastung ausgesetzt. Bereits im Spätsommer brachten sie gemeinsam ihren Unmut im Gespräch mit Carsten Linnemann, Bundestagsabgeordneter CDU, auf den Punkt.
Nach dem Gesetzgeber
profitieren diejenigen Pflegefachkräfte von dem Pflegebonus, die in der
„unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen, die 2021
mindestens 185 Tage beschäftigt waren.“ Intensivpflegekräfte erhalten einen
höheren Beitrag, allerdings nur, wenn sie Fachweiterbildung für Intensivpflege
und Anästhesie abgeschlossen haben. Die Konsequenz: Die Pflegefachkräfte, die
Tag für Tag auf der Corona-Isolierstation die nicht-intensivpflichten
COVID-Patienten versorgt haben, erhalten einen geringeren Bonus als die
Kollegen der Intensivstationen. Und auch viele Pflegefachkräfte in der
Zentralen Notaufnahme, im OP oder in der Anästhesie gehen leer aus, obwohl sie
ebenfalls Corona-Patienten behandelt haben. Dieser Beschluss löst bei den Paderborner
Krankenhäusern Frustration aus. „Wir sitzen alle im selben Boot. Wir hoffen,
dass noch viele weitere Kolleginnen und Kollegen die Stimme erheben. Hier
halten wir alle zusammen“, sind sich die beiden 1. Vorsitzenden der MAV Andreas
Vogt (St. Vincenz-Kliniken) und Georg Herwald (Brüderkrankenhaus) einig. Auch
für Carsten Linnemann sind die Prämienzahlungen nur für bestimmte Pflegegruppen
„Murks“: „Entweder ganz oder gar nicht. In das Gesundheitswesen wird an den
falschen Stellen Geld hineingepumpt. Besser wäre es, wenn Überstunden und
Mehrarbeit steuerfrei wären. Hier wurde in Berlin definitiv nicht zu Ende
gedacht.“ „Solche Gesetze sind Hohn und Spott. Anscheinend ist der Politik
nicht bewusst, was die Corona-Krise uns abverlangt. Wie sollen wir solche
unbedachten Beschlüsse gegenüber unseren Mitarbeitern rechtfertigen?“, so
Andreas Vogt. „Eine Lösung wäre es gewesen, den Krankenhäusern mehr Spielraum
bei der Prämienverteilung zu geben. Vom Gesetzgeber wurde diese Option
allerdings vollständig ausgeschlossen. Das Auszahlungsprocedere ist sehr
unglücklich.“
Die Pflegefachkräfte
schilderten Carsten Linnemann bei seinem Besuch ihren Arbeitsalltag während der
Pandemie. „Es gab Mitarbeiter, die haben 30 bis 40 Prozent Mehrarbeit in einer
Woche geleistet und ihre Familien kaum gesehen, weil sie im Dauereinsatz waren.
Einmalzahlungen als Zeichen der Wertschätzung reichen nicht ansatzweise“,
berichtet Martina Timmerberg, Bereichsleitung der Zentralen Notaufnahme. Der
Frust ist deutlich bei Linnemann angekommen. Gespräche mit den
Bundestagsabgeordneten wie diese seien unabdingbar, damit die Probleme aus
erster Hand gehört werden. Linnemann versprach, im Frühjahr wieder zu kommen.
Hintergrund:
Krankenhäuser, in denen 2021 mehr als
zehn Corona-Patienten länger als 48 Stunden beatmet wurden, erhalten 500
Millionen zur Auszahlung der Einmalzahlung. Dies sind laut
Bundesgesundheitsministerium 837 Kliniken in Deutschland. Die individuelle
Bonushöhe ist abhängig von der Gesamtzahl der Bonusberechtigten in den
Krankenhäusern. Der Pflegebonus wird im November steuer- und
sozialversicherungsfrei ausgezahlt.